Ostfriesisches Klinik Journal

Für den Erhalt wohnortnaher Krankenhäuser

Lehrreiche Informations-Veranstaltungen zur UEK

jwi_300okj-Kommentar
von Jürgen Wieckmann

Aurich (okj) – Zum zwei­ten Mal inner­halb der letz­ten vier Mona­te hat sich die Mit­tel­stands- und Wirt­schafts­ver­ei­ni­gung des CDU Kreis­ver­ban­des Aurich in die öffent­li­che Dis­kus­si­on über eine Zen­tral­kli­nik in Georgs­heil ein­ge­schal­tet. Die Hal­tung dort lässt kei­ne Zwei­fel auf­kom­men. Der Mit­tel­stand betrach­tet die­se Pla­nun­gen äußerst kri­tisch.

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MIT-Infor­ma­ti­ons­abend im Auricher Hotel am Schoss

Ein Ver­dienst der MIT ist es, kom­pe­ten­te Refe­ren­ten ein­ge­la­den zu haben, die prak­ti­sche Alter­na­ti­ven zum Zen­tral­kli­nik-Kon­zept haben auf­zei­gen kön­nen. Dazu gehör­te Anfang Janu­ar auch der Geschäfts­füh­rer der pri­va­ten Schüch­ter­mann-Kli­nik in in Bad Rothen­fel­de, Dr. Micha­el Böckel­mann. Sei­ner Ein­schät­zung nach wer­den Kran­ken­häu­ser in länd­li­chen Regio­nen künf­tig auch den ambu­lan­ten Sek­tor mit über­neh­men müs­sen, da immer mehr Land­karzt­pra­xen schlie­ßen und kei­ne Nach­fol­ger fin­den.

Alternativen zur Zentralklinik sind machbar
wenn man will

Soll­te der Befund zutref­fen, dürf­te man in Ost­fries­land in zehn Jah­ren froh sein, wenn es noch wohn­ort­na­he Kran­ken­häu­ser gibt. Doch die­se wer­den der­zeit von Land­rat Harm-Uwe Weber und Emdens Ober­bür­ger­meis­ter Bernd Bor­n­e­mann für eine Zen­tral­kli­nik in Georgs­heil zur Dis­po­si­ti­on gestellt.

Audftaktbild

Bür­ger­ak­ti­on in Zeven für den Erhalt ihres Kran­ken­hau­ses

Rund 20.000 Bür­ger haben sich durch ihre Unter­schrif­ten mitt­ler­wei­le gegen die­se Plä­ne aus­ge­spro­chen. Dabei dürf­ten man­che gar nicht wis­sen, dass sie mit ihrem Votum etwas unter­stüt­zen, was etli­che Gesund­heits­po­li­ti­ker erst lang­sam ver­ste­hen. In länd­li­chen Regio­nen muss die Kran­ken­haus-Land­schaft anders orga­ni­siert wer­den, als es in Bal­lungs­räu­men und Groß­städ­ten viel­leicht sinn­voll erscheint.

Dass dies mög­lich ist, leg­te der Geschäfts­füh­rer der Ober­lau­sitz-Kli­ni­ken, Rei­ner E. Rogow­ski auf der MIT-Ver­an­stal­tung am ver­gan­ge­nen Mitt­woch (29.4.) im Hotel am Schloss in Aurich nach­voll­zieh­bar dar. Unter weit­aus wid­ri­ge­ren Bedin­gun­gen, als man sie in Ost­fries­land vor­fin­det, ver­fu­sio­nier­te er die Kran­ken­häu­ser in Baut­zen, Bisch­hofs­wer­da und zuge­hö­ri­ge Kom­ple­men­tär­be­trie­be. Mitt­ler­wei­le ist aus maro­den Häu­sern – durch akti­ve Gestal­tung – ein moder­nes Kran­ken­haus­un­ter­neh­men in kom­mu­na­ler Trä­ger­schaft gewor­den.

Zur Diskussion: Wie wär es mit einem ostfriesischen  Krankenhausverbund ?

Dem­ge­gen­über herrscht – zumin­dest im Land­kreis Aurich – ein eher „reak­ti­ver kom­mu­nal­po­li­ti­scher Filz“, der in den letz­ten vier­zehn Jah­ren nichts wei­ter zustan­de gebracht hat, als eine Pro­vinz­pos­se zwi­schen den nicht mehr exis­tie­ren­den Alt­krei­sen Aurich und Nor­den. Auch das kos­tet die Steu­er­zah­ler mitt­ler­wei­le Mil­lio­nen – eine fast aus­sichts­lo­se Lage. Was Rogow­ski den ost­frie­si­schen Kom­mu­nal­po­li­ti­kern zu sagen hat­te, soll­ten man ihnen deut­lich ins Stamm­buch schrei­ben. Frei über­setzt: Am Ende des Tages braucht Ost­fries­land einen star­ken Kli­nik­ver­bund – von Nor­den bis Wil­helms­ha­ven – von Leer bis Witt­mund.

Recht hat der Mann! Doch nach vier­zehn Jah­ren kreis­in­ter­ner Pro­vinz­pos­sen im größ­ten Land­kreis auf die­ser Halb­in­sel, wird man wohl Ver­ständ­nis dafür auf­brin­gen müs­sen, wenn im Land­kreis Leer und Witt­mund dan­kend abge­wun­ken wird, soll­te man dort mit einer grö­ße­ren Ver­bund-Idee vor­spre­chen wol­len.

Kommunalpolitische Gurkentruppe ?

GurkentruppeSelbst wenn einem nicht gleich freund­lich die Tür gewie­sen wer­den wür­de, die „kom­mu­nal­po­li­ti­sche Gur­ken­trup­pe“ an der Spit­ze des Land­krei­ses, (so die wenig diplo­ma­ti­sche Beur­tei­lung eines Besu­chers), dürf­te als Mit­ver­ur­sa­cher der haus­ge­mach­ten Pro­blem­la­gen für einen sol­chen Ansatz chan­cen­los blei­ben. Das ist sehr schlecht, denn soll­te das Land Nie­der­sach­sen das Pro­jekt Zen­tral­kli­nik nicht för­dern, wäre ein „Plan B“ erfor­der­lich.

Doch den gibt es nach eige­nem Bekun­den des Land­rats Harm-Uwe Weber nicht. Er setzt auf eine Zen­tral­kli­nik in Georgs­heil – nicht zuletzt, weil damit (so glaubt er) die „kreis­in­ter­ne Kon­kur­renz-Situa­ti­on“ eine Ende fin­den könn­te. Ver­spro­chen wird ein „ech­ter Neu­an­fang“, was nach vier­zehn Jah­ren schlech­ter Poli­tik natür­lich ger­ne gehört wird. Glau­ben kann man das jedoch nicht mehr. Hier ist – auch im über­tra­ge­nen Sin­ne gemeint – der Kre­dit ver­spielt.

40 Jahre kreisinterne Konkurrenzsituation

game overRogow­ski, der sich für sei­nen Vor­trag bei der MIT auch inten­siv mit der Situa­ti­on in Ost­fries­land, spe­zi­ell auch dem UEK-Ver­bund befasst hat­te, sprach noch eine wei­te­re Wahr­heit aus. Die­ser Kran­ken­haus-Ver­bund habe ein ernst zu neh­men­des Image-Pro­blem, sag­te er. Insi­dern ist schon lan­ge bekannt, das die­ses auch von innen her pro­du­ziert wird. Zu Risi­ken und Neben­wir­kun­gen soll­te man hier aller­dings nicht Ärz­te oder gar Apo­the­ker befra­gen – son­dern bes­ser jene Kom­mu­nal­po­li­ti­ker, die seit fast 40 Jah­ren ihre kreis­in­ter­nen Ani­mo­si­tä­ten pfle­gen. Doch so lang­sam soll­te ein ande­res Stück auf­ge­führt wer­den – oder die Prot­ago­nis­ten die­ser Show von der Büh­ne abtre­ten.

Ärzte wollen Veränderung

Bei all dem kann man sich näm­lich auch nicht mehr des Ein­drucks erweh­ren, dass den Ärz­ten im UEK-Ver­bund Aurich/Norden die­ses kom­mu­nal­po­li­ti­sche Gehüh­ner im Land­kreis Aurich schon lan­ge auf die Ner­ven geht. Den eige­nen Arbeit­ge­ber zu beschimp­fen, tut man natür­lich nicht – doch eines dürf­te es mitt­ler­wei­le bewirkt haben: die bekann­ten Riva­li­tä­ten in der Ärz­te­schaft schei­nen über­wun­den zu sein. Man ist sich mit Blick auf das medi­zi­ni­sches Kon­zept einer Zen­tral­kli­nik einig – und das kommt aus den Häu­sern selbst.

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Dr. Chris­toph Schöt­tes: ”Medi­zi­ni­sches Schutz­schild” für kom­mu­nal­po­li­ti­sche Ver­säum­nis­se?

Ver­sam­melt“ hat sich die Ärz­te­schaft hin­ter Dr. Chris­toph Schöt­tes. Er gilt als Vater des Gedan­kens einer Zen­tral­kli­nik und konn­te das ”medi­zi­ni­sches Kon­zept” selbst den Kri­ti­ker nach­voll­zieh­bar dar­le­gen. Ihm gebührt auch mensch­lich hoher Respekt. Schöt­tes war der Ein­zi­ge, der von sich aus auf die Skep­ti­ker zuging, um sei­ne Erfah­run­gen und Über­le­gun­gen im per­sön­li­chen Gesprä­chen enga­giert dar­zu­le­gen. Das könn­te ein Modell für die Zukunft sein – eine Art ”run­der Tisch” gemein­sam mit den Ärz­ten. Die Füh­rungs­spit­ze der Kom­mu­nal­po­li­tik han­tier­te eher mit Maul­kör­ben und Dreh­ver­bo­ten gegen­über den Kri­ti­kern – und mach­te mit „Maul­korb-Erlas­sen“ nicht ein­mal vor Nor­dens Bür­ger­meis­te­rin Bar­ba­ra Schlag halt.

Selbst wenn man Befür­wor­ter der Zen­tral­kli­nik sein könn­te – die „Infor­ma­ti­ons­po­li­tik“ hat die­sem Pro­jekt einen Bären­dienst erwie­sen – und das ist mit Sicher­heit kein Pro­blem der Pres­se­stel­le des Land­krei­ses Aurich.

Auf der Wer­be­tour­nee des Land­krei­ses und der Stadt Emden für die Zen­tral­kli­nik, hat­te man aller­dings den Ein­druck, dass Dr. Schöt­tes eher als ”medi­zi­ni­sches Schutz­schild” für die kom­mu­nal­po­li­ti­sche Füh­rungs­spit­ze fun­gier­te – und die konn­te er recht erfolg­reich aus dem Schuss­feld zie­hen.

Über die Ver­säum­nis­se der Ver­gan­gen­heit – die eine der Ursa­che bekann­ter Pro­ble­me sind – durf­te nicht gespro­chen wer­den. Nicht in der unan­ge­neh­men Ver­gan­gen­heit wüh­len, son­dern kon­struk­tiv nach vor­ne schau­en, lau­te­te die Devi­se. Das offen­bar­te sich bald als bana­ler rhe­to­ri­scher Trick.

Landkreis Aurich – auf dem Geestrücken der Ahnungslosen ?

Klinikum LeerAuf die von Bür­gern mehr­fach gestell­te Fra­ge, wie es unter ver­gleich­ba­ren Bedin­gun­gen ange­hen kön­ne, dass der klei­ne­re Land­kreis Leer erheb­lich bes­ser da stün­de, als der in Aurich, wur­de mit Ach­sel­zu­cken „geant­wor­tet“. „Wis­sen wir nicht“, „wol­len wir nichts zu sagen“ lau­te­te die eher pein­li­che „Ant­wort“ – und Land­rat Harm-Uwe Weber mur­mel­te noch etwas schwer Ver­ständ­li­ches von „streng ver­trau­li­chen Inter­nas“, über die er nicht offen reden dür­fe.

Da war der Ers­te Kreis­rat aus Leer, Rüdi­ger Res­ke, schon offe­ner. „Ich wer­de immer wie­der gefragt: Wie macht ihr das mit dem Kli­ni­kum?“, wur­de er in der Ost­frie­sen-Zei­tung (18.4.) zitiert. Res­kes Erklä­rung: Der Land­kreis kon­zen­trie­re sich als Eigen­tü­mer auf die Kon­trol­le, mische sich aber nicht ein. „Wir sagen weder, wie man betriebs­wirt­schaft­lich han­delt, noch, wie man einen Blind­darm ope­riert.“ Zudem gebe es am Kli­ni­kum „ein gutes Zusam­men­spiel zwi­schen kauf­män­ni­scher und medi­zi­ni­scher Lei­tung“. Was Res­ke nicht sag­te, ist min­des­tens genau­so bedeut­sam. In Leer hat­te man sich bereits 2004 auf die abseh­ba­ren Ent­wick­lun­gen im Gesund­heits­we­sen vor­be­rei­tet – in Aurich pfleg­te man wei­ter die erwähn­te Pro­vinz­pos­se. vier abend

Nun sind die Bürger gefragt

Gefragt sein dürf­ten jetzt vor allem die Bür­ger der Regi­on. Wie das gehen kann, erläu­ter­te auf der MIT-Ver­an­stal­tung Zevens Bür­ger­meis­ter Hans-Joa­chim Japp. Mit stum­men Mahn­wa­chen – jede Woche – Auf­kle­bern, Ansteck­na­deln und Fah­nen setz­ten sich die Bür­ger in Zeven für „ihr“ Kran­ken­haus ein. Jaap konn­te mit dem Rück­halt sei­ner Bür­ger dazu bei­tra­gen, dass das klei­ne Kran­ken­haus mit 87 Bet­ten in einen Ver­bund von vier Häu­sern in den Land­krei­sen Roten­burg-Wüm­me und Sta­de in den Städ­ten Bre­mer­för­de, Roten­burg, Zeven und Sta­de an ihren Stand­or­ten erhal­ten blieb. Auch hier hat­te man zunächst vor, die­se Kli­ni­ken zu schlie­ßen und zu zen­tra­li­sie­ren.

Sol­che Kom­mu­nal­po­li­ti­ker wünscht man sich auch in Ost­fries­land. Zusam­men mit den Bür­gern, Ärz­ten, Pfle­ge­per­so­nal und Kom­mu­nal­po­li­ti­kern lie­ße sich viel bewir­ken. Das zei­gen ande­re Regio­nen, die sich angeb­li­chen Sach­zwän­gen nicht ein­fach beu­gen. Hier in Ost­fries­land droht aller­dings etwas ande­res. Der bevor­ste­hen­de Kom­mu­nal­wahl­kampf treibt schon ers­te Blü­ten. Das The­ma ist polu­lär genug, um es sich auf die Agen­da zu schrei­ben. Fatal wäre jedoch, wenn die­ses die Men­schen direkt betref­fen­de The­ma im Par­tei­en­gezänk der übli­chen Ver­däch­ti­gen ins Sei­ten­aus gespielt wer­den wür­de.


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