Eine Zusammenfassung
von Jürgen Wieckmann
Mit Verweis auf Geschäftsgeheimnisse verweigert Landrat Harm-Uwe Weber derzeit auch den Bürgermeistern der Stadt Aurich und Norden Einblick in das Bredehorst-Gutachten. Hierbei handelt es sich um eine Art „Rettungsplan“ für die Sanierung und den Erhalt der beiden UEK-Standorte in Norden und Aurich.
Bereits im März 2013 hatte der in Norden erscheinende „Ostfriesischer Kurier“ Einzelheiten des sogenannten „Bredehorst-Gutachtens“ veröffentlicht. Informant war der Landrat höchstselbst.
Auf Nachfrage der in Aurich erscheinenden Ostfriesischen Nachrichten bestätigte UEK-Geschäftsführer Jann-Wolfgang de Vries am Montag (30.03.), dass die Firma Bredehorst CMM weiter für die Ubbo-Emmius-Klinik (UEK) als Berater tätig sein wird. Aus diesem aktuellen Anlass zitieren wir in weiten Passagen aus der Veröffentlichung des KURIER vom 1. März 2013.
Norden/Aurich (okj) – Für alle war es eine überraschende Wende. Nachdem der Kreistag des Landkreises Aurich 2012 beschloss, die Bredehorst Clinic Medical Management aus Düsseldorf mit der Sanierung des UEK-Krankenhausverbund Aurich/Norden zu beauftragen, platzten Landrat Harm-Uwe Weber und Emdens Oberbürgermeister Bernd Bornemann im Oktober 2013 mit der Idee in die Öffentlichkeit, eine neue Zentralklinik in Georgsheil bauen zu wollen. Gegenüber dem ebenfalls überraschten UEK-Aufsichtsrat wurden Neubaukosten zwischen 180 und 230 Mio. € angegeben.
Nicht nur Insidern war der Vorschlag zunächst unverständlich. In nur 32 Manntagen hatte Unternehmensberater Dr. med. Kay Bredehorst die Misere an der UEK erfasst und ein Sanierungskonzept vorgelegt. Der 15köpfige UEK-Aufsichtsrat (Landrat Weber, neun Kreistagspolitiker und fünf Mitarbeitervertreter) waren von dem Gutachten überzeugt.
Nach dem „Business-Plan“ Bredehorst sollten die Verluste der UEK (12,9 Mio. € in 2012) in 2013 auf 8,6, 2014 auf 4,0 und 2015 auf Null gefahren werden können. Für 2016 wurde gar ein Plus von 2,4 Mio. € in Aussicht gestellt.
Schon damals drohte Landrat Harm-Uwe Weber, dass dem Landkreis nichts anderes als eine Privatisierung übrig bleibe, wenn die Verluste nicht zügig reduziert würden.
Missmanagement durch zentralisierte Gynäkologie in Aurich
KURIER-Verleger Christian Basse kommentierte damals, mit dem Bredehorst-Gutachten sei nun schwarz auf weiß bestätigt worden, dass der Hauptverlust von über fünf Mio. € durch Missmanagement in der zentralisierten Gynäkologie in Aurich angefallen sei. Wenn auch „ziemlich spät“, so habe Bredehorst beim Landkreis Aurich „professionellen Sachverstand eingeflogen“. Der Rettungsplan sei in sich schlüssig und räume auch mit vielen Eitelkeiten sowohl in Aurich als auch in Norden auf.
Die UEK soll in Zukunft ein Unternehmen mit zwei Standorten sein, in dem sowohl standortübergreifend aber auch medizinisch fachübergreifend Menschen zusammenarbeiten sollen, heißt es in dem KURIER-Kommentar. „Hoffentlich“, so schrieb Brasse, „beherzigen dies auch manche Halbgötter in Weiß, aber auch ein paar Dogmatiker im Betriebsrat und auch in der Politik.
Zwei Jahre später scheinen sich diese Hoffnungen in Luft aufgelöst zu haben. Die „kreisinterne Konkurrenzsituation“ (Landrat Weber), „Rivalitäten in der Ärzteschaft“ (UEK-Direktor Dr. Egbert Held), Egoismen, Eitelkeiten und „Kirchturmpolitik“ haben die zügige Umsetzung des Sanierungsplans massiv behindert. Statt der 3,7 Mio. Euro für 2014 stehen deshalb heute mehr als 10 Mio. Euro auf der Defizit-Uhr.
Kostenträger verhinderte Endoprothetik in Norden
Dass die Endoprothetik nicht – wie von Bredehorst vorgeschlagen – nach Norden verlagert wurde, ist allerdings nicht den Aurichern zuzuschreiben. Hier hatte der Kostenträger (Versicherungswirtschaft) die Zustimmung verweigert. Dies könnte den Aurichern allerdings auch gefallen haben, denn schon damals schrieb Brasse, dass es in Aurich sicher nicht gut ankomme, wenn in Zukunft Knie- und Hüftoperationen in Norden gemacht würden. Mancher mag hier unterstellen, dass diese von Bredehorst vorgeschlagene Maßnahme gegenüber dem Kostenträger nicht nachhaltig genug durchgesetzt wurde. Doch dafür fehlen belastungsfähige Belege.
Was allerdings in den Landrat und seinen Amtskollegen in Emden gefahren sein muss, um plötzlich einer Zentralklinik in Georgsheil das Wort zu reden, hat zumindest Landrat Weber in erstaunlicher Offenheit bekundet. Der Vorschlag, so Weber, käme aus Emden und diesen habe man im Landkreis Aurich gerne aufgegriffen. Dadurch habe sich die „kreisinterne Konkurrenzsituation“ aufgelöst.
Zentralklinik Georgsheil wegen ”kreisinterner Konkurrenzen” ?
„Es geht Weber also gar nicht um die vom Kreistag und auch mit seiner Stimme beschlossene Sanierung der UEK in Norden und Aurich“, kommentierte Aufsichtsratsmitglied Hans-Gerd Meyerholz die Aussagen des Landrats. Damit opfere er allerdings alle Vorteile einer sanierten UEK an den bisherigen Standorten.
Auch Emdens Oberbürgermeister betrachtet sich mittlerweile nicht mehr als Vater des Gedankens. Dieser stammt nämlich von einigen „Halbgöttern in Weiß“, denen man es sicher nicht verübeln kann, wenn sie eine schicke neue Klinik haben wollen. Da stellt sich jedoch die Frage, ob die Wünsche der Herren Ärzte von der kommunalen Haushaltskasse überhaupt geschultert werden können.
Allein die Neubaukosten werden – konservativ gerechnet – mit etwa 250 Mio. € zu Buche schlagen. Unterstellt es gäbe eine Förderung durch das Land Niedersachen in Höhe von erhofften 50 %, bleiben immer noch 125 Mio. €, die die Stadt Emden und der Landkreis Aurich aufzubringen haben. Realistischer Weise werden davon – grob gerechnet – 4/5 auf den Landkreis und 1/5 auf die Stadt Emden entfallen – bemessen nach Einwohnern.
Viele Millionen für noch unbekannte Infrastrukturkosten
Hinzu kommen dann allerdings noch Kosten für Infrastrukturmaßnahmen, über die heute keiner genaue Angaben machen kann. Dazu gehören u. a. Versorgungsleitungen, Straßenbau, Parkplätze und – nicht zu vergessen – Grunderwerbskosten. Geschätzt könnten diese Kosten bei rund 50 Mio. € liegen. Daran dürfte sich die Stadt Emden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlich nur „äußerst zurückhaltend“ beteiligen wollen. Schließlich handelt es sich ja um Infrastrukturmaßnahmen auf dem „Staatsgebiet“ des Landkreises Aurich.
Auf die Frage nach Infrastrukturmaßnahmen in Georgsheil, die der Emder Ratsherr Wilfried Graf (DIE LINKE) stellte, hatte Oberbürgermeister Bernd Bornemann am 21.1.15 antworten lassen, das „ein Ausbau der Infrastruktur in Georgsheil nicht relevant ist“. Die Notwendigkeit für einen Straßenausbau werde nicht gesehen. Das sollte sein Amtskollege Landrat Weber zumindest registriert haben – für den Fall, dass ein solcher Ausbau doch noch als notwendig angesehen wird. Man darf getrost davon ausgehen, dass der Rat der Stadt Emden sich schützend über das ohnehin fast leere Stadtsäckel werfen und dem Landrat den Zugriff auf die Emder Taler für Infrastrukturmaßnahmen im Landkreis Aurich verweigern wird
Zentralklinik: Ab 2027 der Privatisierung Tür und Tor geöffnet
Wie immer auch diese Geschichte ausgehen mag – zu finanzieren ist dies alles nur über eine exorbitante Kreditaufnahme. Diese wird dem ohnehin schon überschuldeten Landkreis Aurich mit Sicherheit etliche Probleme machen. Diese, so sagen Haushaltspolitiker, könnten dann 2027 zuschlagen – also, zu einem Zeitpunkt, an dem Landrat Weber wohl nicht mehr im Amt sein wird.
Das dürfen seine Nachfolger ausbaden, die sich dann vor die Bevölkerung stellen müssen, um dieser zu erklären, warum nun eine Privatisierung unumgänglich ist. Keine Verschwörungstheorie, sondern „gesunder Menschenverstand“, denn eines lässt sich nun mal nicht verleugnen. Die strukturelle Unterfinanzierung der Grund- und Regelversorgung die den Häusern in Emden, Norden und Aurich zu schaffen macht, trifft selbstverständlich auch die geplante Zentralklinik. Welche Dimensionen dies hat, erläuterte der Geschäftsführer des Emder Klinikums Ulrich Pomberg eindrucksvoll. In einem Antwortschreiben auf die Anfrage des Emder Ratsherrn Graf schrieb Pomberg, dass Notfallambulanzen nicht kostendeckend finanziert werden können. Pro Patient entstünden durchschnittlich Kosten von 120 €, von denen allerdings nur 32 € abgerechnet werden können.
Der Bredehorst-Sanierungsplan {Stand 2013}
Verbesserung des Qualifikationsmix |
1.0 Mio. € |
Labor- und Beschaffungsoptimierung |
2.0 Mio. € |
Dokumentationsoptimierung (Codes) |
1.0 Mio. € |
Reduktion Vergütungsabschläge |
0.9 Mio. € |
Reduktion Verpflegungskosten |
1.0 Mio. € |
Reduktion Honorarärzte |
2.0 Mio. € |
Norden |
|
Intensivbetten zu intermediate Care Keine Operationen am Wochenende Zentralisierung Verwaltung / Aurich Zentralisierung Sterilisation / Aurich |
1.5 Mio € |
Aurich Neuentwicklung Gynäkologie in Aurich Interventionelle Kardiologie Ausbau Geriatrie 10 – 30 Betten Ausbau Norden Endoprothetik – elektive Operation (Hüfte,Knie) Zertifizierung Notfallaufnahme Aurich und Norden |
5.6 Mio. € |
Gesamtergebnisverbesserung |
15.0 Mio € |
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