okj-Kommentar
von Margitta Schweers
Pünktlich zu den geplanten Infoveranstaltungen in Emden, Aurich und Norden zur geplanten Zentralkklinik in Georgsheil, zieht man seitens der Entscheidungsträger ein „Ass aus dem Ärmel“. Leider mutiert dieses vermeintliche Ass zum Schwarzen Peter. Ein Kinder-Gesellschaftsspiel, das wir alle kennen…
Herr Philipp Wenning, Teilhaber und Geschäftsführer der Firma Bredehorst Clinical Medical Management aus Düsseldorf, stand den Ostfriesischen Nachrichten wahrheitsgemäss Rede und Antwort. Er formulierte in dem Interview klar, was seine Funktion im Spiel um die Zentralklinik war. Er war die Jokerkarte, die die „Zentralklinik Teamplayer“ nicht ziehen wollten.
Firma Bredehorst kennt jede Ecke und jede Besenkammer im UEK-Verbund Aurich/Norden. Er durfte hautnah miterleben, wie man hier im Landkreis Aurich miteinander „kommuniziert“ und umgeht – und sah sich, trotz guter Ansätze, wohl auf verlorenem Posten.
Was er nämlich nicht bedachte, war die Tatsache, dass man sich längst für eine prestigeträchtige, andere Variante entschieden hatte und ihn nur als teuer bezahltes Bauernopfer ins Spiel brachte.
Natürlich liess man ihn tätig werden. Allerdings, so scheint es, wurden viele seiner Massnahmen bloss zugelassen, um den alten Konflikt zwischen Aurich und Norden und somit die Gesamtstimmung noch zu verschärfen.
UEK-Verbund: Von der Führungsebene nicht gewollt ?
Man muss sich vorstellen, dass Philipp Wenning und seine Mitarbeiter seit Frühjahr 2013 verzweifelt darum kämpften, den UEK-Verbund Aurich/Norden zu erhalten und weiterzuentwickeln. Auch die Firma Bredehorst hat hier viel zu verlieren – geht es doch um das Ansehen einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Die kann es sich nicht erlauben, dass sie einen nicht im Detail bestätigten Betrag in der Höhe von 1,6 bis 2 Mio. Euro kassiert, aber versagt hat. Natürlich ist es für Bredehorst wichtig, sich in der Öffentlichkeit zu erklären, sonst zieht ihn die Führungsebene aus Aurich mit in den Ruin.
Seine Beteuerungen, dass die heutige Situation ohne ihn noch viel schlimmer sei, möchten wir jedoch mit kritischem Blick betrachten. Die Gutachterkosten schlagen voll auf das Defizit-Konto der UEK. Da helfen auch die zaghaften Hinweise auf Qualitätsverbesserungen nicht, die Bredehorst durchsetzen konnte. Leider war es ihm wohl an dieser Stelle des Interviews nicht möglich, genauer auf die Massnahmen am Gebäudekomplex einzugehen.
Er wird sich wohl die Frage gefallen lassen müssen, welche Massnahmen er meinte und wie sich diese kostenmässig zu Buche schlagen. Tauchte da eventuell auch etwas auf, was die Auftraggeber des Gutachtens vorher nicht definiert haben? Musste er vielleicht mit Wunschvorstellungen seiner Auftraggeber kämpfen, die ihn „kalt erwischten“? Wie sonst kann sich ein renommierter Gutachter derart verschätzen, dass er nun von deutlich höheren Kosten sprechen muss?
Ein qualifizierter Gutachter, der zwar in jedem Ansatz konkret und sauber gearbeitet hat, steht plötzlich auf verlorenem Posten. Versucht sich zu retten. Gibt schwache Hinweise auf angeblich unkalkulierbar höher ausgefallene Personalkosten.…
Jaja… Tarifverhandlungen sind nicht kalkulierbar.…
Doch! Sind sie.
Eine gute Klinikleitung bereitet sich auf neue Tarifverhandlungen vor. Penibelst werden Rücklagen gebildet. Und sogar das Land Niedersachsen und die Krankenkassen legen dafür Ausgleichszahlungen fest. Man nennt das Erhöhung des Basisfallwertes und der ist genau zu diesem Zwecke erfolgt.
Lieber Herr Wenning,
das war ein guter Versuch, seinen Auftraggeber zu retten. Ist aber leider durchschaubar für jeden, der sich mit der Materie beschäftigt hat.
Da klingt die Frage des Redakteurs geradezu wie ein Rettungsanker, wenn er Philipp Wenning zu hohen Optimismus unterstellt. Firma Bredehorst ist schon lange im Geschäft und wird sich selber hüten, allzu optimistische Versprechungen zu machen – steht man doch nach Beendigung des Auftrages vor seinem Auftraggeber und muss sich rechtfertigen.
Nein! Natürlich hatte man seitens Bredehorst die allerbesten Ansätze gezeigt und das allerbeste Ziel verfolgt. Sie wurden „bloss“ boykottiert, weil man plötzlich Lust hat, eine Zentralklinik zu planen und damit die Sanierung gefährdet. Entschleunigung ist das Wort, was im Interview gefallen ist. Das ist wohl eine sehr positive Beschreibung der Zustände, mit denen Sie zu kämpfen hatten.
Man mag sich vorstellen, wie frustrierend es für die Bredehorsts gewesen sein muss, zusehen zu müssen, wie Strategien und Pluspunkte einfach ins Loch gewischt werden. Noch nicht mal jemand zur Mithilfe zur Verfügung stand, weil sich die Herrschaften „mit höheren Aufgaben“ beschäftigen wollten.
Da bleibt nichts anderes mehr übrig, als irgenwann zu resignieren. Bredehorst schickt seine Leute nach Hause, nur noch Herr Wenning übernimmt die Totenwache – sah die letzten Atemzüge der UEK und wickelt nun nur noch die Formalitäten ab, die seine Auftraggeber ihm überlassen haben.
Mio.-Verluste durch ”Kreisinterne Konkurrenzsituation”
Bitteres Schicksal für einen ehemals engagierten Berater! Es wäre schön, er hätte die Gelegenheit des Interviews genutzt, um seine jetzigen Arbeiten noch zu beschreiben.
Aber wie beschreibt man Alibi-Tätigkeiten nach aussen?
Der geneigte Leser des Interviews wird allerdings an einer Stelle des Interviews hellhörig. Der Punkt, an dem Wenning berichtet, dass er leider relativ schnell erkennen musste, dass zwischen Aurich und Norden harter Konkurrenzkampf wütet. Politik und Geschäftsführung haben es auch nach so vielen Jahren nicht geschafft, beide Häuser vertrauensbildend und kooperativ zu führen. Feindbilder wurden und werden konstruiert und durch fehlende Informationspolitik aufrechterhalten.
Es ist leicht, sich Schuldige zu konstruieren – wir als Beobachter kennen das schon. Die „Norder Zicke“ ist im Sprachgebrauch genauso verankert, wie das Wort Konkurrenz. Wenn die Entscheidungsträger mehr Aufwand für den Erhalt der Kliniken und weniger Aufwand fürs Zwietracht säen verwenden würden, wären wir heute sehr wohl in einer anderen Situation. Schwer für die Entscheidungsträger, irgendwas an dieser Umgehensweise zu ändern, gehört das „von-oben-herab“ doch immer noch zum Alltagsgeschäft. Selbst heute fühlt sich Wenning genötigt, von nicht geklärten „Wahrungstendenzen“ zu sprechen.
Die Politik hat versagt
Kein Wunder: Politik kann im Medizin-Business zwar begleiten, aber von konkreten Massnahmen hat sie schlicht keine Ahnung. Dafür gibt’s Personengruppen, die das Metier von der Pike auf gelernt haben. Unsere Entscheidungsträger bevorzugen lieber, alte Besitztümer und Denkstrukturen zu schützen, statt sich von liebgewonnenen Privilegien zu trennen. Privilegien, die es ermöglichen, einfach weiterzumachen, wie man es gewohnt ist.
Alte Strukturen zu durchbrechen war wohl kaum in der Auftragsvergabe an Fa. Bredehorst verankert. Grundsätzlich darf ein Wirtschaftsprüfungsunternehmen wohl davon ausgehen, dass man Änderungen mit Erfolgsgarantien gerne aufgreift und umsetzt.
Anders im Landkreis Aurich – hier scheint man wohl schlauer zu sein – vermeintlich. Was für ein lächerliches Bild muss sich Wenning und seinen Kollegen geboten habe. Bockige und „anderweitig beschäftigte“ Kunden, die ihm Stöcke zwischen die Beine schmeissen, statt ihn zu hofieren.
Ich glaube, das richtige Wort, was sich Wenning wohl mühsam während des Interviews verkniffen hat, lautet:
BERATUNGSRESISTENT
Wenning bleibt nur eine müde Ehrenrettung. Er berichtet von ”mehr als zu 50 Prozent umgesetzten Plänen”, hütet sich aber davor, diese genauer zu benennen. Weiss er doch genau, dass man ihm auch dort die Halbherzigkeit um die Ohren hauen kann. Ein Bild des Jammers!
Plötzlich redet er von nicht realisierten Bauvorhaben in Aurich. Bauvorhaben in Aurich? Wo kommen die denn plötzlich her? Es ist schon so viel durchgesickert aus der geheimen Bibel „Bredehorst-Gutachten“, aber so ein Grossprojekt wie Neubau auf dem Aurich-Gelände nicht.
Sorgt man bereits jetzt vor?
Freundet man sich bereits jetzt mit Aurich als Zentralklinik an, wenn die Zentralklinik Georgsheil vom Spielplan verschwindet?? Das wäre eine teure Schleife für die Auricher Politiker, um das ehemalige Ziel weiterzuverfolgen:
Norden sang- und klanglos zu schliessen und in Aurich die Zentralklinik legosteingleich aufzubauen. Macht Euch mal keine falschen Hoffnungen, ihr lieben Entscheidungsträger…
… so Spielchen lässt die Bevölkerung nicht zu. Und die grosse Liebe, die sich zwischen Emden und Aurich derzeit ausbildet, wird wohl auch empfindlichen Schaden nehmen, wenn die Auricher Politik ihr wahres Gesicht zeigt.
Strategie-Spielchen sind häufig die Brettspiele, die grössten Familienunfrieden stiften, wenn man sich auf unzuverlässige Partner mit Eigeninteressen verlässt.
Fa. Bredehorst kämpfte und kämpfte – machte Vorschläge, liess sie durchkalkulieren und musste tatenlos zusehen, wie diese Vorschläge „entschleunigt“ wurden – Entschleunigung by Schredder – strebt man doch nach Höherem.
Abteilungsgrössen wurden nicht erhöht, sondern man liess Abteilungen mit zu geringer Bettenkapazität vor sich hindümpeln, nur um eine angebliche Ausweglosigkeit nach aussen hin darstellen zu können. Die ewig gleiche Ausrede: „wir wollten ja, aber leider war es nicht möglich… „
In diesem Kommentar ist es mir möglich, das Wort ”Quatsch” zu verwenden. Auch das Wort „Machtmissbrauch“ sei mir erlaubt in diesem Kommentar. „Häuptlinge“ war das Wort, das die Presse bereits verwendet hat.
Häuptlinge, seid informiert:
Wir werden es zu verhindern wissen, dass Ihr Eure bestehenden Zelte verbrennt, um auf der grünen Wiese ein neues zu errichten. Wissen wir doch längst, dass Ihr nicht fähig seid, dieses zu führen und zu erhalten.
Wer als Entscheidungsträger den Rettungsanker in Form eines soliden Gutachtens nicht wirft, wer also ignoriert, dass das UEK in 2016, also nach drei Jahren strikter Gutachten-Umsetzung schwarze Zahlen schreiben wird, ist wohl kaum in der Lage, ein Grossprojekt entsprechend weise und weitsichtig zu führen.
Wenning bleibt nur, die Flügel zu strecken und die beratungsresistenten Kunden ihrem selbstgewählten Schicksal zu überlassen. Es kommt einer Bekenntnis zur Niederlage gleich, wenn das als letzter Schluss für die Situation genannt wird. Was hätte er sonst für Möglichkeiten? Er kann ja kaum anführen, dass seine Auftraggeber der Grund allen Übels sind, oder?
Das hingegen können wir für ihn erledigen, sozusagen als letzten Gruß an Fa. Bredehorst. Die Kommunalwahlen 2016 werden´s richten.
Wortlaut-Interview: Philipp Wenning in:
Ostfriesische Nachrichten vom 20.4.2015 (Seite 5)
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