Noch kein ”Go” für Zentralklinik
Aurich/Norden (okj) – Das Votum des Krankenhaus-Planungsausschuss am vergangenen Mittwoch (8.7.) in Hannover für weitere Planungen einer Zentralklinik in Georgsheil ist keine Entscheidung für eine finanzielle Förderung durch das Land Niedersachsen.
„In den Krankenhausplan kann nur ein Klinikum mit entsprechender Bettenzahl aufgenommen werden, das medizinische Leistungen anbietet. Das ist mit Blick auf das Zentralklinikum zum jetzigen Zeitpunkt gar nicht möglich“, erklärte der Leiter des Referats Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Hannoveraner Sozialministeriums Uwe Hildebrandt am Donnerstag (9.7.) auf Anfrage des Ostfriesischen Klinik-Journal (okj).
Voraussetzung für eine Förderung sei unter anderem die Sicherstellung der Erreichbarkeit mit öffentlichem Nahverkehr, die Reorganisation des Rettungsdienstes sowie der Ausbau von Gesundheitszentren an den bisherigen Krankenhausstandorten. An dem zweimal jährlich tagenden Ausschuss nehmen unter anderem Vertreter der gesetzlichen Krankenversicherungen, kommunale Spitzenverbände und die niedersächsische Krankenhausgesellschaft teil.
Finanzielles Risiko für Kommunen nicht abschätzbar
„Ab jetzt müssen konkrete Zahlen über die Gesamtkosten des Vorhabens offengelegt werden“, heißt es in einer am Donnerstag verbreiteten Pressemitteilung des Aktionsbündnisses für den Erhalt wohnortnaher Krankenhäuser. Derzeit werde offiziell von rund 250 Mio. € gesprochen. Davon müssten nach Bekunden der Planer das Land Niedersachsen mehr als die Hälfe übernehmen. Andernfalls könne die Klinik nicht gebaut werden. Dies übersteige jedoch den bislang gesetzten Rahmen der niedersächsischen Krankenhausförderung.
Weiter heißt es in der Pressemitteilung: „Neben einem Eigenanteil von geschätzten rund 125 Mio. €, die Landkreis Aurich und Stadt Emden aus dem eigenen Haushalt allein für Neubaukosten aufzubringen haben, kämen weitere Aufwendungen in Millionenhöhe für Infrastrukturmaßnahmen und weiter auflaufende Defizite der Krankenhäuser in unbekannter Größenordnung hinzu“.
Privatisierung Zentralklinik durch öffentliche Überschuldung nicht ausschließbar
Nach Einschätzung des Aktionsbündnisses, seien die finanziellen Risiken für beiden Kommunen derart groß, dass kurz nach Fertigstellung der neuen Zentralklinik ein Notverkauf an private Betreiber von niemandem ausgeschlossen werden kann.
Das Thema „Zentralklinik“ sei von der hiesigen Politik generell falsch angegangen worden. Seit Monaten würden alle über die Zentralklinik sprechen, ohne darüber Auskunft geben zu können, wie die wohnortnahe Gesundheitsvorsorge der Menschen sichergestellt werden soll. Norder Kassenärzte hatten bereits im November 2013 eine frühzeitige Einbeziehung der Bevölkerung eingefordert, um Unsicherheiten in der Gesundheitsvorsorge zu vermeiden.
Bereits heute fehle eine enge Verzahnung medizinischer Dienstleistungen, vor allem auch im ambulanten Bereich. Dieser weise ; auch bedingt durch die begrenzte Zulassung niedergelassener Ärzte erhebliche Mängel auf. Der Patient werde im Alltag vielfach zum Spielball einer bürokratisierten und vor allem ökonomisierten Gesundheitspolitik. Die bestehen drei Krankenhäuser in Norden, Aurich und Emden trügen derzeit dazu bei, diesen akut bestehenden Mangel auszugleichen. Auch das könne ein Grund für die finanzielle Schieflage sein.
Schlag: Das Land bleibt viele Antworten schuldig
Dem in Norden erscheinenden „Ostfriesischer Kurier“, sagte Nordens Bürgermeisterin Barbara Schlag am Freitag (10.7.), dass das Land Niedersachsen viele Antworten schuldig bleibe. Schlag: „Niemand kann mir sagen, wieso die Zentralklinik alternativlos ist.“ Eine strukturelle Neuausrichtung der ostfriesischen Krankenhauslandschaft, wie der Aussschuss empfohlen hat, werde auch von den Kritikern der Zentralklinik gefordert. Dies allerdings unter Beibehaltung der drei Krankenhausstandorte.
Windhorst: Stadt Aurich unterstützt Bürgerbegehren
Gegenüber den in Aurich erscheinenden „Ostfriesischen Nachrichten“ (ON) erklärte Aurichs Bürgermeister Heinz-Werner Windhorst, dass die Stadt ein Bürgerbegehren gegen die geplante Zentralklinik unterstützen werde. Derzeit werden dafür rechtliche Grundlagen geprüft. Wie die ON in ihrer Ausgabe vom Freitag (10.7.) berichten, hatte der Verwaltungsausschuss der Stadt bereits am 29. Juni einen entsprechenden Beschluss gefasst.
Klares Votum von Kreistag und Emder Rat gefordert
Unsicherheit bestehe derzeit bei der Frage, ob die Beschlüsse des Emder Stadtrates vom 12. März und des Auricher Kreistags vom 18. März bereits als Grundsatzbeschluss für eine Zentralklinik gelten. Der Emder Rat und der Kreistag hatten der Gründung einer gemeinsamen Trägergesellschaft zugestimmt.
Nach Auffassung des Aktionsbündnisses, müssen die von den Bürgern gewählten Mandatsträger allerdings gesondert für eine Zentralklinik und die Schließung der drei Standorte stimmen. Die bislang zu beobachtende ”parlamentarische Salamitaktik” zur Durchsetzung der Zentralklinik sei anbetracht des tiefgreifenden Strukturwandels in der ostfriesischen Krankenhauslandschaft nicht hinnehmbar.
So habe Landrat Harm-Uwe Weber auf der Kreistagssitzung am 18. März allen Abgeordneten erklärt, das der Trägerschaftsvertrag lediglich dazu diene, formal korrekt überhaupt einen Förderantrag in Hannover stellen zu können. Auch Emdens Oberbürgermeister Bernd Bornemann hatte bereits am 22. 10. 2013 in einem Interview mit ostfriesen.tv erklärt, dass eine Zustimmung durch den Rat der Stadt Emden und des Kreistages erforderlich sei. Unabhängig vom Abstimmungsverhalten einzelner Mandatsträger, habe zu gelten, dass die obersten Organe der hiesigen Kommunalpolitik auch für die Bürger transparent abstimmen.
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