von: Ingolf Müller
Sehr geehrte Herren Scholla und Bungenstock,
Ihr Leserbrief ist aus meiner Sicht ein plumpes Werbemanöver für eine zukünftigen Zentralklinik in Georgsheil. Als ”Experten” halten Sie die Zentralklinik für ”eine angemessene Pflege” als unumgänglich, ohne eine Alternative in Erwägung zu ziehen. Als besonders verwerflich ist in Ihren Aussagen erkennbar, dass sie mit den Ängsten älterer Menschen eine Zustimmung für Georgsheil durch die Hintertür erreichen wollen. Ich bin kein ”Experte”; habe nur meinen normalen Menschenverstand und wundere mich über solch erkennbaren Zynismus.
Kommen wir zu den Fakten UEK Aurich/Norden und Emden:
Bei Veranstaltungen und Stellungnahmen kam immer wieder von Landrat Weber (u.a.) die Behauptung , dass die Krankenhäuser Norden, Aurich (Emden) für einen wirtschaftlichen Betrieb zu klein sind ! Das betrachte ich glatte Lüge (oder er hat tatsächlich keine Ahnung). Warum ? Die bundesweit rund 2060 Krankenhäuser haben im ländlich strukturierten Raum durchschnittlich 246 Betten. Also erheblich kleiner als die Krankenhäuser in Norden, Aurich und erst recht in Emden. Überwiegend schreiben diese 2014/15 ”schwarze Zahlen” und im Weiteren meistens nur ein geringfügiges Defizit. Unter Führung von Landrat Weber hat der Aufsichtsrat und/oder die Geschäftsführung die UEK Aurich/Norden krachend gegen die Wand gefahren. Ohne Verlustausgleich durch den Landkreis (Steuerzahler) wäre UEK Aurich/Norden pleite (insolvent). Ein Versagen, das den Steuerzahler in 4 Jahren die riesige Summe von 40 Millionen Euro gekostet hat (bezogen pro Einwohner ist das finanzielle Debakel ”Berliner Flughafen” harmlos). Pro Bett/Jahr entstand ein Verlust von rund 20.000 Euro. Unvorstellbar, weil im Krankenhaus-Verbund Hannover (mit 11 Kliniken) ein Verlust von 5880 Euro in der Presse als Katastrophe tituliert wird.
Laut Staatssekretär Jörg Röhmann sollten wir nicht nach hinten blicken. Beim Blick nach vorne läuft es einem aber kalt über den Rücken. Dieselben Leute (aus meiner Sicht wäre das Wort Versager noch harmlos), die dem Steuerzahler im Landkreis Aurich einen für unsere Verhältnisse unermesslichen Schaden zugefügt haben, könnten zukünftig hunderte von Millionen Euro versenken ? Auch mit gutwilliger Betrachtung fehlt der Glaube, warum unter der alten Führung zukünftig etwas besser werden soll. Dieses unheilvolle Defizit kann im direkten Vergleich zu anderen Krankenhäusern eindeutig als hausgemacht erkannt werden. Jegliche Versprechungen, dass es demnächst besser wird, waren kurz darauf Makulatur. Griechenland lässt grüßen.
Ein seit Jahrzehnten bestehendes Krankenhaus vor Ort ist auch Kulturgut. Es ist gerade den Älteren in irgendeiner Form vertraut. Das wird durch die Rankingliste gutgeführter, aber oftmals viel kleinerer Häuser belegt. Ein Krankenhaus vor Ort ist auch für die älteren Patienten und deren Angehörigen im Ernstfall von entscheidender Bedeutung. Wer in Georgsheil als Pflegefall liegt, fühlt sich abgeschoben, anonymisiert und hilflos in einem fremden Umfeld. Das ist Fakt, weil mir genau diese Situation von älteren Patienten beschrieben wurde, die in Aurich, Emden oder woanders gelegen haben.
Eine weitere Verdrehung von Tatsachen ist die unterschwellige Drohung einer Privatsierung; einhergehend mit Nachteilen für die Belegschaft. In der Planung Georgsheil sollen hunderte von Arbeitsplätzen wegfallen. Wie wird das genannt. Wohltätigkeit ? Nein, es muss auch nicht privatisiert werden. Lasst doch einfach unsere Nachbarn, die Wittmunder, Westersteder oder die Leeraner ran. Die haben bewiesen , dass sie es können und wir behalten unsere Krankenhäuser. Und eigenartig, die haben sogar auch alte Patienten.
Ja, meine Herren, dass sind Fakten und kein Wünsch-mir-was-Haus. Nur so nebenbei: Viele Klinikbetreiber in Deutschland würden solche – von der Substanz – gut erhaltene Häuser wie in Norden oder Aurich gerne im Bestand haben.
Norden, 02.07.2015
Ingolf Müller
Der Leserbrief im Wortlaut (Faksimile) aus: Ostfriesischer Kurier, 2. Juli 2015 – Seite 2-
Verfasst von:
Oliver Bungenstock (Pflegedirektor im Klinikum Emden)
und Jürgen Scholla, Pflegedirektor der UEK Aurich/Norden
Comments are closed.