okj-Kommentar
von Jürgen Wieckmann
Aurich (okj) – „Geheimnisverrat im Kreishaus“, so titelten die in Aurich erscheinenden Ostfriesischen-Nachrichten in ihrer aktuellen Ausgabe am Dienstag (3.5.) Die Überschrift lässt Schlimmes vermuten. Wurden Staatsgeheimnisse ausgeplaudert, vielleicht auch solche, die die Bevölkerung verunsichern könnten?
Mitnichten.
Aus dem Umfeld des Auricher Kreistages wurde der Öffentlichkeit lediglich bekannt, welche Abgeordneten des Kreisausschusses am 17.3. ein beantragtes Bürgerbegehren des Aktionsbündnisses Klinikerhalt aus formalen Gründen abgewiesen haben. Nun soll der Kreistag auf Antrag des Landrats Harm-Uwe Weber (SPD) eine öffentliche Missbilligung wegen Verletzung der Amtsverschwiegenheit aussprechen. Der Grund: nach den Bestimmungen der Kommunalverfassung tagt der Kreisausschuss generell hinter verschlossenen Türen.
Private Daten schützen…
Die Vorschrift ist durchaus sinnvoll. Vielfach werden im Kreisausschuss aber auch Aufsichtsräten Themen behandelt, die berechtigte Schutzinteressen Dritter betreffen. Etwa bei Angeboten für öffentliche Aufträge, Grundstücks-Angelegenheiten die noch in der Schwebe sind, verschiedene Personalien oder auch schlichte Geschäftsgeheimnisse kommunaler Unternehmungen, um nur einiges zu nennen. Dafür dürfte jeder Bürger mit Sensibilität für Datenschutz-Belange ein Einsehen haben.
…öffentliche Daten nützen
Doch das die Wähler nicht wissen dürfen, wie die von ihnen gewählten Abgeordneten in einer von der Öffentlichkeit mit Spannung erwarteten Abstimmung votieren, ist schon eine gewagte Auslegung des „Amtsgeheimnisses“.
Fakt ist – die SPD hat mit der Zentralklinik ein politisches Problem. Keiner will sie wirklich – doch die Führungsgenossen betrachten sie als alternativlos. Das Bürgerbegehren ist ihnen ein Dorn im Auge.
Noch im Juli vergangenen Jahres hatte sich sogar der SPD-Bundestagsabgeordnete Johann Saathoff eingeschaltet. In den Ostfriesischen Nachrichten erklärte er, dass man ein Bürgerbegehren natürlich unterstützen werde: „Die SPD ist seit jeher die Volks- und Bürgerpartei und deshalb kann niemand ernsthaft gegen Bürgerbeteiligung sein“, betonte Saathoff damals.
Nun stimmten die SPD-Abgeordneten im Kreisausschuss geschlossen gegen ein Bürgerbegehren. Ein ”Amtsgeheimnis” welches auch in Zeiten des Bleisatzes höchstens 24 Stunden hätte gehütet werden können. Im Zeitalter des Internets geht es etwas schneller.
Hoffen auf ein souveränes Parlament
Die spannende Frage ist nun aber, ob sich dieser Kreistag in seiner letzten Sitzung am 16. Juni vor der Kommunalwahl 9/11 tatsächlich noch so weit erniedrigen lässt und sich in einer Art vorauseilendem Gehorsam quasi selbst rügt.
In diesem Fall bleibt zu hoffen, dass sich der nächste Kreistag mit vielleicht noch unbekannten neuen Abgeordneten seiner Rolle als oberstes politisches Organ des Landkreises Aurich bewusst wird – sich um mehr Transparenz bei den politischen Entscheidungsprozessen bemüht – und vor allem – mehr parlamentarische Souveränität gegenüber den Regierenden an den Tag legt.
Wie gesagt, Staatsgeheimnisse wurden schließlich nicht verraten – nicht einmal interne Diskussionen im Kreisausschuss gerieten in die Öffentlichkeit – lediglich ein namentliches Abstimmungsergebnis der von den Bürgern gewählten Mandatsträgern.
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