Ostfriesisches Klinik Journal

Für den Erhalt wohnortnaher Krankenhäuser

Das Bundesbündnis Krankenhaus-Erhalt wohnortnah stellt sich vor

von Monika Sonnenberg

emsdettenGesund­heits­ver­sor­gung vor Ort, der öffent­li­che Gesund­heits­dienst mit sei­nen Ver­sor­gungs­struk­tu­ren und Prä­ven­ti­on ist eine kom­mu­na­le Auf­ga­be. Doch die gesund­heits­po­li­ti­schen Rah­men­be­din­gun­gen ent­zie­hen den Kom­mu­nen die Grund­la­gen, um die Auf­ga­be auch erfül­len zu kön­nen. Gleich­zei­tig hat sie kei­nen Ein­fluss auf eben die­se Rah­men­be­din­gun­gen. So hat bis­lang jede Kom­mu­ne wind­müh­len­ar­tig und allei­ne für ihr jewei­li­ges Kran­ken­haus gekämpft.

Über­all das glei­che Bild: Demos, Peti­tio­nen, Brief­ak­tio­nen an Minis­ter­prä­si­den­ten, Land­rä­te, Gesund­heits­mi­nis­ter und vie­les mehr. Geän­dert hat sich nichts! Die Kran­ken­häu­ser wur­den geschlos­sen, wer­den geschlos­sen oder zen­tra­li­siert.

Zentralisierung verschärft die Probleme der Gesundheitsversorgung

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Vor Ort fehlt damit die Not­fall- und Grund­ver­sor­gung. Beson­ders älte­re immo­bi­le und sozi­al schlech­ter gestell­te Men­schen lei­den dar­un­ter. Bei einem geplan­ten Ein­griff kann man eine gewis­se Kilo­me­ter­zahl als Anfahrt in Kauf neh­men. Doch älte­re Men­schen, die stür­zen, sich einen Bruch zuzie­hen, die Pro­ble­me mit dem Blut­hoch­druck haben oder dehy­driert ist, weil sie zu wenig getrun­ken haben… – für die­se Men­schen wird die Zen­tra­li­sie­rung der Kran­ken­haus­stand­or­te ein Pro­blem.

Aus die­sen Erfah­run­gen her­aus war die logi­sche Kon­se­quenz ein Bünd­nis der vie­len Initia­ti­ven vor Ort zu grün­den. Ins­ge­samt haben sich bis­lang drei­zehn Bür­ger­initia­ti­ven im gan­zen Land über sozia­le Netz­wer­ke gefun­den – deren rund 10.000 Mit­strei­ter ver­stärkt gemein­sam agie­ren wol­len. Die­se Bür­ger­initia­ti­ven haben erkannt, dass nur dann etwas erreicht wer­den kann, wenn die bun­des­wei­te Ver­net­zung gelingt.

Konzepte am Grünen Tisch: Uneinlösbare Versprechungen

Deutsch­land­weit bre­chen der­zeit die Ver­sor­gungs­struk­tu­ren weg. 450 Kran­ken­häu­ser sol­len bun­des­weit in abseh­ba­rer Zeit ”vom Markt” genom­men wer­den. Hin­zu kom­men die vie­len Pro­ble­me grauender haus­ärzt­li­chen Ver­sor­gung, die Zen­tra­li­sie­rung der haus­ärzt­li­chen Not­diens­te (Ruf­num­mer 116 117) und die der soge­nann­ten Termin­ser­vice­stel­len. Sie sol­len Fach­arzt-Ter­mi­ne ver­mit­teln.

Ent­spre­chend sind die Not­fall­auf­nah­men der Kran­ken­häu­ser völ­lig über­las­tet. Wen wun­dert das? Nir­gend­wo in Deutsch­land gibt es eine ”Rund-um-die-Uhr”-Notfallversorgungen ohne Kran­ken­haus, die soge­nann­te 24/7‑Versorgung. Es fehlt jeg­li­ches Kon­zept, um die­se Pro­blem­la­gen zu begeg­nen. Wenn alles zen­tra­li­siert wird, zen­tra­li­sie­ren sich erfah­rungs­ge­mäß auch die Pati­en­ten.

In der Flä­che kommt es hier zwangs­läu­fig zur gesund­heit­li­chen Unter­ver­sor­gung – vor allem in den länd­li­chen Regio­nen. Dies eben auch als Fol­ge der gewoll­ten Zen­tra­li­sie­rung auf gro­ße Häu­ser, um Pati­en­ten­strö­me zu len­ken.

Falsches Anreizsystem

buergerDie­se Ent­wick­lung begann im Jahr 2004 durch die Ein­füh­rung des DRG-Abrech­nungs­sys­tems. Danach basiert die Finan­zie­rung der Kran­ken­häu­ser nach der Men­ge behan­del­ter Fäl­le. Dies setzt jedoch auch fal­sche Anreize.Für die Herz­ka­the­ter­ab­tei­lung, Dia­ly­se und die Endo­prot­ke­tik zum Bei­spiel gibt es hohe Abrech­nungs­pau­scha­len, aber das was vor Ort gebraucht wird, wie die Not­fall­ver­sor­gung und die inter­nis­ti­sche Abtei­lung wird denk­bar schlecht abge­rech­net.

Somit wer­den die Häu­ser sind gezwun­gen, eine bestimm­te Grö­ße zu gene­rie­ren. Min­des­tens 400 Bet­ten sind erfor­der­lich, damit sie über­haupt kos­ten­de­ckend arbei­ten kön­nen. Des­halb ver­su­chen sie sich zu spe­zia­li­sie­ren, um auf die­se Wei­se das nöti­ge finan­zi­el­le Aus­kom­men zu haben und zum Bei­spiel die Not­fall­ver­sor­gung und ande­re nicht kos­ten­de­cken­de Abtei­lun­gen qua­si neben­bei mit abde­cken zu kön­nen.

Drehen an der Personalschraube

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Zudem haben die alle Bun­des­län­der mitt­ler­wei­le einen Rie­sen-Inves­ti­ti­ons­stau ange­häuft. Damit Kran­ken­häu­ser über­haupt die nöti­ge bau­li­che Sub­stanz haben, wird aus den DRG-Fall­pau­scha­len Geld her­aus­ge­nom­men um die Häu­ser über­haupt in einem Zustand zu hal­ten, damit sie kon­kur­renz­fä­hig sind. Dafür sind die­se Gel­der gar nicht gedacht. Die betriebs­wirt­schaft­li­che ”Lösung” lau­tet dann, maxi­mal an der Per­so­nal­schrau­be zu dre­hen. Das wie­der­rum bedeu­tet weni­ger Zeit für den ein­zel­nen Pati­en­ten und Arbeits­ver­dich­tung für die Mit­ar­bei­ter.

Qualität und Quantität

dameNach dem neu­en Kran­ken­haus-Struk­tur­ge­setz (KSHG) wird die medi­zi­ni­sche Qua­li­tät der Kran­ken­häu­ser ganz groß geschrie­ben. Aller­dings wird hier Qua­li­tät immer auch mit Quan­ti­tät in Ver­bin­dung gebracht.In den Bei­spie­len geht es meist um ope­ra­ti­ve Berei­che. Doch was ist mit dem gro­ßen inter­nis­ti­schen Bereich? Wird die­sem Qua­li­täts­in­di­ka­tor ”Quan­ti­tät” so viel Gewicht ver­lie­hen, wie es der­zeit geschieht, gera­ten ande­re bedeut­sa­me Eigen­schaf­ten von Kli­ni­ken ins Abseits. Dazu gehört eben auch eine wohn­ort­na­he Basis­ver­sor­gung mit qua­li­fi­zier­tem Per­so­nal. Hin­ter der soge­nann­ten ”Qua­li­täts­of­fen­si­ve” steht bei genau­er Betrach­tung nur ein wei­te­rer Schlüs­sel, um klei­ne Kli­ni­ken zu schlie­ßen.

koordDie bun­des­weit ver­netz­ten Bür­ger­initia­ti­ven vor Ort wol­len, dass die Rah­men­be­din­gun­gen bei Bund und Län­dern geän­dert wer­den, um die wohn­ort­na­he Kran­ken­ver­sor­gung zu erhal­ten. Not­wen­dig ist eine ver­nünf­ti­ge Finan­zie­rung für das, was die Men­schen wirk­lich brau­chen – und das ist eben die wohn­ort­na­he Grund- und Not­fall­ver­sor­gung. Kran­ken­haus­ver­sor­gung ist Daseins­vor­sor­ge. Eine Feu­er­wehr wird schließ­lich auch nicht geschlos­sen, wenn es mal einen Monat lang nicht brennt.

Die Aktivitäten des Bundesbündnis Klinikerhalt

Orga­ni­siert wird das Bünd­nis der Bür­ger­initia­ti­ven und För­der­ver­ei­ne wohn­ort­na­her Kran­ken­häu­ser über das Inter­net, mit des­sen Mög­lich­kei­ten für Video­kon­fe­ren­zen, Mail­ling­lis­ten, sozia­len Netz­wer­ken und soge­nann­ten Inter­net-Blogs. Das Ziel ist, auf der Ebe­ne der Bür­ger und Pati­en­ten bun­des­weit die Pro­tes­te gegen die Rah­men­be­din­gun­gen der Gesund­heits­po­li­tik zu erhö­hen. Die Basis muss sich fin­den und weh­ren.

Hier erge­ben sich aller­dings über­all ver­gleich­ba­re Pro­ble­me, dem sich das Bünd­nis ver­sucht zu stel­len.

  • Vie­le die­ser Initia­ti­ven agie­ren vor Ort und lokal für sich – dies bis­wei­len mit einem sehr hohen Zeit­auf­wand, der ehren­amt­lich geleis­tet wird.
  • Dabei ergibt sich lan­des- und bun­des­po­li­tisch oft dop­pel­te Arbeit
  • Nicht jede Stadt hat eine Bür­ger­initia­ti­ve oder eine ande­re Ansprech­grup­pe
  • Für inter­es­sier­te ist es nicht ein­fach, die­se Ansprech­part­ner zu fin­den.
  • Es ver­geht oft zuviel Zeit, die Ener­gie der Men­schen die sich ein­set­zen, ist irgend­wann auf­ge­braucht.
  • Es ist zudem oft schwer zu ver­mit­teln, wie not­wen­dig es ist sich bun­des­weit zu ver­net­zen.
  • Die Rah­men­be­din­gun­gen Bund und Län­dern sind die eigent­li­che Ursa­che der lokal auf­kom­men­den Pro­blem­la­gen. Der dar­aus erwach­se­ne Ärger wird dann an den Geschäfts­füh­rern der Kli­ni­ken, den kom­mu­na­len Poli­ti­kern oder ande­ren auf loka­ler Ebe­ne Schul­di­gen abge­ar­bei­tet.
  • Bei die­ser ”Abar­bei­tung” ist es schwie­rig, auch dafür die Wahr­neh­mung zu schär­fen, dass es sich bei all dem um ein bun­des­wei­tes Pro­blem han­delt.
  • Ist eine Kran­ken­haus geschlos­sen wor­den, ent­steht oft Resi­gna­ti­on und eine Vogel­strauß­hal­tung

Aktionen des Bündnisses

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Internet machts möglich

iphoneandroDas ”Bünd­nis pro Kran­ken­häu­ser wohn­ort­nah” will des­halb dazu bei­tra­gen, dass die­se vie­len Initia­ti­ven in Zukunft weni­ger iso­liert agie­ren. Prio­ri­tät hat des­halb der­zeit die Kon­takt­auf­nah­me und Suche nach Bür­ger­initia­ti­ven und Insti­tu­tio­nen, die an am glei­chen The­ma arbei­ten, zum Bei­spiel För­der­ver­ei­ne, Betriebs­rä­te, Mit­ar­bei­ter- oder Pati­en­ten­ver­tre­tun­gen u.a., die aus der Pra­xis her­aus die Fehl­ent­wick­lun­gen der Gesund­heits­po­li­tik tag­täg­lich erle­ben und auch erlei­den. Über die App ”Bünd­nis pro Kran­ken­häu­ser wohn­ort­nah” wer­den Inter­es­sier­te aktu­ell über Akti­vi­tä­ten und Neu­ig­kei­ten des Bun­des­bünd­nis­ses infor­miert. Über die­se App ist natür­lich auch eine Direk­te Kon­t­ak­auf­nah­me mög­lich.

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