Aurich/Velbert (okj/westdeutsche zeitung) – In Ostfriesland wird man nicht müde den Menschen zu erzählen, mit der geplanten Zentralklinik könne sichergestellt sein, dass das Krankenhaus in kommunaler Hand bleibe. Im § 1 über ”Ziele des Projekts Zentralklinikum” wird im Konstortialvertrag zwischen den Kommunen und der Zentralklinik GmbH erklärt, dass die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung der Region Aurich/Emden/Norden in kommunaler Trägerschaft bleiben soll. Eine Absichtserklärung, die man durchaus ernst nehmen darf – allerdings nur so lange, wie die Sachzwänge ein solches Ziel erlauben.
Diese sind in den vergangenen Jahren durch Landes- und Bundesgesetze so gestaltet worden, dass die Gesundheitsfürsorge der Menschen von einem ”Versorgungssystem” in einen ”Gesundheitsmarkt” umgewandelt wurde.
Dieser Milliardenmarkt ist eine der größten Wachstumsbranchen im Lande und gilt als eine der härtesten. Der Verdrängungswettbewerb – befördert durch bundesdeutsche Gesetzgebung – sorgt weitgehend ”automatisch” für eine Art Marktbereinigung gerade auch kleinerer Krankenhäuser in kommunaler Hand.
Kein kommunales Krankenhaus – gleich welcher Größenordnung – kann sich diesem System entziehen. Den Widerstand der Bürger gegen diese von oben verordnete Politik zu brechen, haben die Kommunalpolitiker vor Ort zu erledigen.
Offen bleibt die Frage, wie lange sie das noch mitmachen.
Ostfrieslands Krankenhaus-Landschaft sturmreif für Privatisierung?
Sollten die kommunalen Haushalte ihren Eigenanteil am Großprojekt nicht aufbringen können – wobei neben den Neubaukosten weitere erhebliche Folgekosten hinzu kommen – dadurch die Verabschiedung eines ausgeglichenen Haushalts unmöglich wird, steht die Kommunalaufsicht vor der Tür. Diese kann schlichtweg anordnen, das Vermögenswerte der Kommune zu veräußern sind.
Aurichs Bürgermeister Hein-Werner Windhorst ist sich mittlerweile gewiss. Mit der Zentralklinik wird ein ruinöser Wettbewerb in Ostfriesland und der ganzen Region stattfinden. Der Grund: Wer seinen Anteil nicht zahlen kann, braucht Geld von Investoren. Helios, Asklepios, Fresenius und wie sie alle heißen, warten genau auf diesen Moment.
Die vielfach geäußerte Drohung – auch von Landrat Harm-Uwe Weber (SPD), dass den bestehenden Häusern eine Privatisierung drohe, betrachten potentielle Investoren natürlich anders. Was sollen diese mit drei ”Altbauten”, die von der Kommunalpolitik selbst als ”nicht zukunftsfähig” betrachtet werden.
Aus Sicht von Investoren ist es zweifelsfrei klüger, die Kommunen den steinigen Weg der Schließung selbst zu gehen – die Altschulden ”zu behalten” – und (wenn es aus Sicht solcher Investoren ”gut geht”) einfach abzuwarten, dass sich die Kommunen mit diesem Vorhaben finanziell übernehmen.
Leere Versprechungen als übliches Verfahren
Im Jahr 2009 hatte auch die zur neuen Geschäftsführerin ausgerufene Klinikchefin Dr. Astrid Gesang mit kommunalpolitischen Versprechungen zu tun, die sich allerdings im Laufe der Zeit von selbst erledigten. Vielstimmig wurde damals die sogenannte ”Niederberger Erklärung” abgegeben, nach der das Klinikum Niederberg in kommunaler Trägerschaft erhalten bleiben soll.
Kooperationen, so der CDU-Fraktionsvorsitzende Manfred Bolz auf einer Podiumsdiskussion der Gewerkschaft Verdi, seien möglich, private Beteiligung aber nicht. Dies bestätigte dann auch SPD-Aufsichtsratsmitglied Ralf Wilke. All dies kann man im online-Dienst der Westdeutschen Zeitung nachlesen, die damals über die Vorgänge im Klinikum Niederberg ausführlich berichtete.
Gesundheitsmarkt: EG-Richtlinien verbieten Krankenhaus-Subventionen
Wer damals noch glaubte, Gesundheitfürsorge habe etwas mit kommunaler Daseinsvorsorge zu tun, sei etwas – ähnlich der Trinkwasserversorgung – was nicht schlichten Marktgesetzen unterworfen werden darf, bekam schon damals von Bürgermeister Stefan Freitag reinen Wein eingeschenkt. Auf die Frage, ob nicht die Städte als Gesellschafter finanziell eintreten könnte, sagte Freitag: ”Das Klinikum ist Marktteilnehmer. Laut einer EU-Richtlinie dürfen die Städte kein Geld reinschießen – das wäre ein unerlaubter Markteingriff.
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