okj-Kommentar
von Jürgen Wieckmann
In Kreisen des Aktionsbündnis Klinikerhalt, wird sie schon lange als „Eppmanns hauseigene Bürgerinitiative“ betrachtet – die erst kürzlich ins Leben gerufene PR-Truppe aus Südbrookmerland. Im Format einer Bürgerinitiative hat sie sich auf die Fahnen geschrieben, für die geplante Zentralklinik in Georgsheil Reklame zu machen. Das ist ihr gutes Recht und wenn man allgemeinen Umfragen glauben schenken darf, halten im Landkreis Aurich etwa 30 Prozent der Bürger eine Zentralklinik für sinnvoll.
Eppmann wäre nicht Eppmann, wenn er nicht alles dafür tun würde, dass sich auch diese 30 Prozent in der Öffentlichkeit bemerkbar machen und das Feld nicht allein den Kritikern überlassen bleibt. Soweit lässt sich das noch unter rein sportlichen Gesichtspunkten einordnen.
Doch der neueste PR-Gag, nun ein Bürgerbegehren für eine Zentralklinik auf den Weg zu bringen, wirkt wie „bauchgefühlter Aktionismus“. Zumindest scheinen die Initiatoren nicht zureichend über den Charakter, Sinn und Zweck von Bürgerentscheiden nachgedacht zu haben.
Diese sind vor allem deshalb in der Kommunalverfassung verankert worden, um Bürgern die Option einzuräumen, Beschlüsse der gewählten Vertreter – etwa im Kreistag – auf „gleicher Augenhöhe“ auch „kassieren“ zu können. Entsprechend hat ein Bürgerentscheid die gleiche Bedeutung und Gewicht, wie ein Beschluss des obersten politischen Organs im Landkreis Aurich, dem Kreistag.
Sachlich schlicht unsinnig
Ein Bürgerentscheid kann deshalb nur dort sinnvoll sein, wo Beschlüsse oder Entscheidungen in eben diesen Gremien gefällt werden, mit denen die Bürger nicht einverstanden sind. Das trifft bei der Initiative Pro Zentralklinik bekanntlich nicht zu. Sie stellt sich eben nicht gegen die Beschlüsse des Kreistages, sondern hält sie für richtig. Das braucht keinen Bürgerentscheid.
Anders wäre es, hätte sich der Kreistag mit seiner Mehrheit gegen die Zentralklinik entschieden. Dann wäre das Instrument Bürgerentscheid das Mittel der Wahl – mit dem Ziel, diesen für falsch gehaltenen Beschluss zu kassieren.
Doch das steht gar nicht zur Debatte, weswegen man das ganze wirklich nur als „PR-Gag“ betrachten kann – allerdings ein sehr schlechter. Das problematische darin ist nämlich, dass nun jede Menge Verwirrung entstehen wird. Hier allerdings verlangt der Gesetzgeber bei Bürgerentscheiden größtmögliche Klarheit in der Fragestellung – die zudem auch nicht als Suggestivfrage gestellt werden darf.
Verwirrspiel als taktische Variante?
Um solche und andere Unklarheiten in der Fragestellung im Rahmen des möglichen zu vermeiden, hatte das Aktionsbündnis Klinikerhalt die Fragestellung auf der Basis der Unterschriftensammlung Anfang des vergangenen Jahres aufgesetzt. Über 22.000 Bürger sprachen sich mit ihrer Unterschrift für den Erhalt der drei Krankenhäuser in Norden, Emden und Aurich aus.
Doch genau diese Frage gefällt den Befürwortern nicht – was nachvollziehbar ist. Sie vertreten schließlich die Haltung, dass eine Zentralklinik alternativlos sei und die bestehenden Krankenhäuser nicht zukunftsfähig. Deshalb halten sie die Frage zum Erhalt der bestehenden Häuser für schlichtweg falsch – bzw. erklären, das sie sich gar nicht mehr stellt. Das mag aus Sicht der Befürworter durchaus so sein, kann allerdings nicht bedeuten, dass die Frage nach dem Erhalt der bestehenden Häuser gar nicht mehr gestellt werden darf.
Aktuelle Kernfrage: Wollen die Bürger überhaupt mitentscheiden?
Allerdings scheinen die Initiatoren des Bürgerbegehrens für eine Zentralklinik sich noch nicht zureichend mit dem Verfahrensweg für Bürgerentscheide befasst zu haben. Bei der jetzt anstehenden Entscheidung des Kreisausschuss zum vorliegen Antrag „Bürgerbegehren“ geht es noch gar nicht um die Frage, ob man eine Zentralklinik für sinnvoll erachtet oder auch nicht.
Es geht hier einzig und allein um die formaldemokratische Feststellung, ob die Bürger im Landkreis Aurich überhaupt einen Bürgerentscheid bei dieser Frage wollen. Theoretisch könnte der erforderliche Anteil an Stimmen für diesen Bürgerentscheid nicht ausreichen, womit sich dann die Einleitung eines Bürgerentscheids erledigt hätte.
Beide Seiten gemeinsam für Bürgerentscheid?
Doch mittlerweile haben sich Befürworter wie Kritiker des Vorhabens dafür ausgesprochen, einen Bürgerentscheid herbei zu führen. Vor diesem Hintergrund, könnten sogar Claus Eppmann und seine Bürgerinitiative, der halbe Kreistag und sogar Landrat Harm-Uwe Weber gemeinsam mit dem Aktionsbündnis Klinikerhalt auf der Straße stehen und dafür werben, dass die Bürger ihre Unterschrift für die Einleitung des eigentlichen Bürgerentscheids leisten.
Erst danach geht es um die Sache selbst – mit der klaren Frage, ob die Menschen wollen, dass die bestehenden Krankenhäuser erhalten bleiben oder nicht. Die Befürworter der Zentralklinik, die – wie alle Bürger im Landkreis dazu aufgerufen sind ihr Votum abzugeben, werden diese Frage dann mit Nein zu beantworten haben.
Hoffnung auf weise Entscheidung im Kreisausschuss
Bleibt zu hoffen, dass sich der Kreisausschuss, der nun über die vorliegenden Anträge zu entscheiden hat, sich von dem PR-Gag nicht auch noch verwirren lässt. Schließlich hat die Befürworter-Initiative nicht vor die bisherigen Kreistagsbeschlüsse in Sachen Zentralklinik anzufechten. Sie sind nach eigenem Bekunden eher angetreten, um für eben diese Beschlüsse bei den Bürgern zu werben. Insofern ein schlicht witzloser Antrag für einen Bürgerentscheid „Pro Zentralklinik“ – den das oberste politische Gremium in genau diesem Sinne bereits beschlossen hat.
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