Aurich/Norden/Emden (okj) – Auch wenn sich die Bürger für den Erhalt bestehender Krankenhäuser und gegen die Zentralklinik entscheiden werden, wird das Projekt Zentralklinik in Georgsheil realisiert. Dies erklärte der Chef des Vorhabenträgers Zentralklinik GmbH Claus Eppmann kurz vor dem bevorstehenden Bürgerentscheid am 11. Juni gegenüber dem Radiosender Nordseewelle. Das Vorhaben werde ein privater Investor übernehmen.
Eppmann, der zunächst als Mitarbeiter des Beraterkonzerns BDO die von der Politik beabsichtige Schließung der drei Krankenhäuser begleitete, hatte im vergangenen Jahr erreicht, dass das Vorhaben im niedersächsischen Krankenhausplan aufgenommen und seitens des Sozialministeriums eine Projektförderung in Aussicht gestellt wurde. Die Förderung, die Eppmann mit 180 Mio. Euro angibt, werde ein privater Investor in Anspruch nehmen. Ebenso seien die bereits erfolgten planerischen Vorarbeiten für Privatinvestoren günstig und attraktiv.
Wachsende Kritik an Landrat Weber
Der Auricher Landrat Harm-Uwe Weber (SPD) bestätigte auf einer Podiumsdiskusion der in Aurich erscheinenden Tageszeitung „Ostfriesische Nachrichten“ am vergangenen Mittwoch (07.08.) dass eine Privatisierung der Krankenhäuser kommen werde, wenn die Bürger gegen das Vorhaben votieren. Anwesende SPD-Mitglieder zeigten sich entsetzt, dass sich ein führender Sozialdemokrat als Steigbügelhalter für die in Aussicht gestellte Krankenhaus-Privatisierung erweise.
Für sich selbst sieht Weber jedoch keinen Anlass, daraus persönliche Konsequenzen zu ziehen. Weber wird seit Jahren vorgehalten, die politische Verantwortung für die Miesere der Krankenhäuser im Landkreis zu tragen. Jährlich schließt das Krankenhaus mit einem Defizit von rund 10 Mio. Euro ab. Zudem wurde vor wenigen Monaten dem UEK-Verbund Aurich/Norden die Weiterbildungsermächtigung für Ärzte entzogen.
Klinikum Leer bleibt weiter Vorbild
Demgegenüber schließt der kommunale Krankenhausträger des Landkreises Leer jährlich mit einer sogenannten „schwarzen Null“ ab. Laut einer Studie bevorzugen mittlerweile rund 9.000 Auricher Bürger pro Jahr einen Krankenhaus-Aufenthalt in Leer. Darüber hinaus ist das Leeraner Klinikum nach wie vor als Akademisches Lehrkrankenhaus der Medizinisches Hochschule Hannover gefragt.
In dieser Woche unterzeichneten der Präsident der Hochschule Emden/Leer Gerhard Kreutz und der Geschäftsführer des Leeraner Krankenhauses Holger Glienke zudem einen Kooperationsvertrag für die Ausbildung von Physiotherapeuten. Landrat Harm-Uwe Weber, der schon mehrfach von Bürgern gefragt wurde, was Leer besser mache als Aurich, verweigert seit Jahren dazu eine Antwort.
Über die Lage eines Mitbewerbers werde man öffentlich nicht sprechen, so Weber. Der Chef der noch nicht existenten Zentralklinik in Georgsheil Claus Eppmann, erklärte am Mittwoch auf der ON-Podiumsdiskussion, dassder kommunale Krankenhausträger in Leer auf dem Markt zunehmend aggressiver agiere.
Windhorst: Zentralklinik öffnet Tür und Tor zur Privatisierung
Nach Einschätzung einiger Beobachter im Aktionsbündnis Klinikerhalt, dürfte der Grund für die von Eppmann kritisierte „Agressivität“, vor allem darin liegen, das man in Leer erkannt habe, das in Aurich mittelfristig die Krankenhaus-Privatisierung vorbereitet werde. Bereits im Februar 2015 hatte der Auricher Bürgermeister Heinz-Werner Windhorst in einem Exklusiv-Interview in den Ostfriesischen Nachrichten erklärt, dass mit der Zentralklinik einer Privatisierung „Tür und Tor“ geöffnet werde.
Der Landkreis werde die finanzielle Bürde nicht tragen können, die durch die Verluste aus der Großklinik, die Verluste durch die Leerstände in Aurich, Norden und Emden und durch die bis dahin aufgelaufenen Schulden der alten Klinikstandorte entstehen.
Auch die zusätzlichen Schulden durch den geplanten Neubau müssten in das Lastenbuch des kommunalen Unternehmens aufgenommen werden Zu befürchten sei, dass die Finanzierung nicht aufgehe.
Auf der ON-Podiumsdiskussion betonte Windhorst erneut, dass sich die Stadt Aurich daran beteiligen würde, den Auricher Krankenhaus-Standort zu bewahren. Dies hatte die Stadt bereits in der Vergangenheit getan und aus ihrem Haushalt rund eine Millionen bereitstellen wollen. Auf Veranlassung des Auricher Landrats Weber, lehnte der damalige UEK-Geschäftsführer Jann-Wolfgang de Vries diese Hilfe ab, da man eine Zentralklinik plane.
Druck von oben: Demo gegen Klinikerhalt ist Folge zu leisten
Auch Mitarbeitern der UEK wird derzeit erklärt, dass ohne die Zentralklinik die Krankenhäuser privatisiert werden. Unter privater Trägerschaft würden die Beschäftigten weniger Gehalt bekommen. Der ärztliche Direktor der UEK, Dr. Egbert Held forderte die Mitarbeiter auf einer Demonstration gegen das Bürgerbegehren für den Erhalt bestehender Krankenhäuser Folge zu leisten.
Zentralklinik Chef Claus Eppmann und Landrat Harm-Uwe Weber verteidigten derweil erneut die massive Zentralklinik-Reklame gegen einen Bürgerentscheid für den Erhalt der Krankenhäuser. Kritisiert wurde unter anderem, dass das Unternehmen Zentralklinik GmbH für diese Werbekampagne auf 200.000 Euro Haushaltsmittel des Landkreises und der Stadt Emden zurückgreifen kann.
Comments are closed.