Da ich einiges an Redezeit für mich beanspruchen werde, möchte ich alle Anwesenden bitten den Saal zu verlassen, die das Thema Krankenhausversorgung nicht interessiert.
Meine Begrüssung fällt knapp aus und enthält keine Abstufung nach Rang und Namen, wir wollen uns nicht unnötig aufhalten.
Moin, liebe Mitmenschen im Landkreis Aurich
Ich beginne die Rede mit dem Wort Mitmensch, denn ich frage mich, wo das Gespür für die Menschen und deren Probleme im Landkreis Aurich geblieben ist?
Anderthalb Jahrzehnte lang doktert man an dem Thema Krankenhausfinanzierung herum. Defizite türmen sich auf, Pläne werden angedacht – halb umgesetzt – verworfen – ersetzt. Krankenhausversorgung ist ein Wirtschaftsprojekt und wir entfernen uns von den Notwendigkeiten und Bedürfnissen der Bevölkerung. Wir gehen schändlich mit der Bevölkerung um und sie merkt es.
Wir alle kennen die Defizite, die unsere Krankenhäuser unkontrolliert und ungeplant verschlungen haben.
Haben Sie sich als Mitglieder des Kreistages schon mal die Frage gestellt, wo unsere Krankenhäuser stehen würden, wenn wir mit 100 Mio Euro die Krankenhäuser saniert hätten, statt die Gelder bloss zur Schuldentilgung zu nutzen?
Was fehlt?
Es fehlt ein tragfähiges Konzept, auf das man hinarbeitet, das man durchhält, durchkaluliert und durchzieht. Ein Konzept mit drei Krankenhäusern, die nicht mehr miteinander konkurrieren sondern zusammenarbeiten.
Wir haben keinen Plan B?
Stimmt das?
Nein!
Der Plan B kann nur heissen, die Krankenhäuser wirtschaftlich und bedarfsgerecht zu führen. Zum Wohle aller.
Nach dem Bürgerentscheid befinden uns in der Phase, in der wir innerhalb kürzester Zeit einen kurz-/mittel- und langfristigen Plan benötigen, der diese Erfordernisse abdeckt – im Sinne des Versorgungsauftrages, den höhere Instanzen an unsere Kommune weitergegeben haben.
Die Aussage, wir hätten keinen Plan B, ist somit eine schmeichelhafte Lüge.
Der Plan B läuft – Und er läuft miserabel. Wir trudeln scheinbar ziel- und planlos durch die Zeit.
Man darf spekulieren, dass diese Art der Problemlösung Auslöser für die wirtschaftlich desolate Lage der letzten 15 Jahre war.
Ach ja, und wenn einige Mitstreiter hier noch immer auf die Machbarkeitsstudie II der Beratungsfirma BDO warten sollten:
Es war zu keinem Zeitpunkt geplant, eine schriftliche Studie II zur Entscheidungsfindung zu erstellen.
Der Name Machbarkeitsstudie war eine offensichtliche Täuschung – eine Beruhigungspille.
Die „Studie“ war die Umschreibung für die Phase, in der die nächsten Schritte für eine Zentralklinik getan werden sollten.
Die Umsetzung des Planes, eine Zentralklinik zu erstellen – und dann der Name „STUDIE“?
Ich will nicht getäuscht werden. Niemand will das.
Wir haben eine Geschäftsführung. Und nach den geänderten Bedingungen gehört es sich für uns alle, insbesondere für Sie, Herr Landrat und für die begleitenden Gremien, dass ein klarer Auftrag an diese Geschäftsführung gestellt werden muss.
Der Auftrag, den Plan B zu erarbeiten und vorzustellen. Der Auftrag, sich für die kommenden Jahre zu rüsten, mit anstehenden Investitionen, Umbauten, Zusammenlegungen und Kooperationen. Unter Zuhilfenahme aller bereits bestehender Gutachten und Beraterergebnisse. Denn die liegen vor und wurden bislang ergebnislos einfach stillschweigend von uns allen bezahlt.
Da die jetzige Geschäftsführung die Krankenhäuser kennt, muss der Auftrag lauten:
Konzept erstellen für die Weiterführung und Verbesserung der Krankenhauslandschaft und deren Wirtschaftlichkeit als Verbund.
Und dies innerhalb von 6 bis 8 Wochen.
Alle Zahlen sind bekannt und die Risiken des Bürgerentscheides waren absehbar.
Formulieren wir diesen Auftrag und fordern wir Ergebnisse ein. Eine gute Geschäftsführung kann das leisten. Wenn nicht, taugt sie nichts.
Was ist jetzt nötig?
Es fehlen klare Aussagen an die Bevölkerung, an die Mitarbeiter und Patienten – vor allem aber fehlt die Entscheidung, selber für die weitere Entwicklung Verantwortung zu übernehmen und die Entscheidung aus dem Bürgerentscheid anzunehmen und klug umzusetzen.
Die Geschäftsführung ist nur dann gut, wenn dieses Konzept innerhalb der nächsten 8 Wochen vorliegt.
ICH SAGE NOCHMAL:
Kann sie es nicht, ist diese Geschäftsführung schlecht! Dann gilt es, sie schnellstens auszutauschen und ihnen nicht noch weitere Freiheiten einzuräumen, die sich aus vertraglichen Möglichkeiten heraus ergeben.
Wir fordern, dieses Konzept einsehen zu können. Darauf zu verzichten ist für jeden der hier anwesenden Abgeordneten grob fahrlässig.
Es versteht sich von selber, dass dieses Konzept, mit allen Vor- und Nachteilen entsprechend klar ist, vernünftig erklärt wird und auch kommende Einschnitte entsprechend einfühlsam kommuniziert werden können – also allen Beteiligten das Gefühl und die Sicherheit gegeben wird, dass es weitergeht und wir uns in diesem Konzept gut versorgt und aufgehoben fühlen.
Alternative Gespräche mit anderen Personen, die unsere Geschäftsführung übernehmen können, haben wir bereits geführt. Diese können sofort greifen.
Die Aussage dieser Sanierer war:
Die Krankenhäuser können in kommunaler Hand betrieben werden und die Zahlen, die genannt wurden, versprechen die schwarze Null in Dreijahresfrist.
Ein vollmundiges Versprechen. Wir sollten froh sein, wenn wir die Krankenhäuser an drei Standorten erhalten und die Defizite tendenziell dabei senken können. Wir sind ja mittlerweile bescheiden geworden.
Herr Landrat, sie wissen, dass diese Gespräche gelaufen sind und dass sie einleuchtend und erfolgversprechend waren. Jetzt kommt es auf den Willen aller Kreistagsmitglieder an, die Richtung zu ändern – und zwar schnell.
Nun zum Vertragswesen.
Unglaublich!
Verträge werden geschlossen, der Kreistag gibt seine Zustimmung – es scheint alles in Ordnung. Aber weit gefehlt!
Ich habe Kreistagsprotokolle gelesen, habe mich informiert, wie es überhaupt im Jahr 2015 zur Gründung der Trägergesellschaft kommen konnte. Man wollte Fördergelder beantragen. Und was ist bisher daraus geworden?
Zum einen Vertrag gesellten sich weitere Verträge. Der ursprüngliche Vertrag hat sich verselbständigt. Er ist längst nicht mehr der Entwurf eines Vertrages, den der Kreistag einmal verabschiedet hat. Das muss Ihnen klar sein!!
Sie, liebe Kollegen, Sie heben hier die Hand für Abstimmungen.
Heben Sie doch bitte jetzt mal die Hand, wenn Sie wissen, dass wir jetzt einen „Geschäftsbesorger“ haben.
Wer kennt den neuen Passus „Geschäftsbesorger“ und weiss, was das für Auswirkungen hat?
Wer weiss, dass es im Handelsregister am 31.05.2017, noch während des laufenden Bürgerentscheides, zu einer solchen vertraglichen Änderung des Geschäftszweckes der Trägergesellschaft gekommen ist? Am 27.02. beschlossen?
Wer kennt den Inhalt der dazugehörenden Verträge?
Wie viele Hände sehe ich?
Eine Firma, die mit dem kommunalen Betrauungsakt verbunden ist, darf ihr Firmenziel unkontrolliert selber ändern ? Wie kann so etwas möglich werden?
Wissen Sie das alle??
Was war der ursprüngliche Auftrag, der sich aus dem Kreistagsbeschluss ergeben sollte? Was ist der jetzige Auftrag?
Wir haben keine Kontrollmöglichkeit mehr, zahlen aber für die Fehler aus diesem Vertrag. Nicht zuletzt mit unserer Gesundheit.
Das Wort, das dazu passt, heisst Kontrollverlust. Und das bei einem Thema wie der Gesundheitsversorgung!.
Die Beschlussvorlagen 188/189/190 sprechen da eine deutliche Sprache.
Der Vertrag zur Trägergesellschaft und auch der Konsortialvertrag war ausgerichtet auf die vermeintlich einzige Lösung Zentralklinik. Das muss aufhören.
Sofort!
Die Bürger haben sich nicht einlullen lassen.
Auch wenn Werbekampagnen von der eigentlichen Frage abgelenkt haben:
Wollen Sie die Krankenhäuser an den Standorten erhalten?
Wir alle wissen, dass die Werbung nicht davor zurückschreckte, den Bürgern einzureden, sie würden damit über eine Zentralklinik abstimmen.
Das war schlichtweg eine Mogelpackung, die wir alle hier im Kreistag zugelassen haben.
Unfassbar – wo ist der gesunde Menschenverstand geblieben, mit dem wir alle ausgestattet sein müssten?
Kein Bürger in keiner Stadt würde sich wachen Geistes dazu entschliessen, SEIN Krankenhaus abzuwählen !!
Was hat die Werbekampagne gebracht?
Nichts ausser Verunsicherung innerhalb der Bevölkerung, den Mitarbeitern und den dazugehörenden medizinischen anderen Berufsfeldern.
Nichts ausser Kosten, die wir nun auszugleichen haben.
Nun zur Firma BDO
Wir fordern auf, die Firmen BDO Wirtschaftsprüfung, BDO Beratungsunternehmen sowie BDO Legal, als rechtlichen Wegbereiter endlich abzulösen – nicht zuletzt, um den bitteren Beigeschmack abzustellen, den so eine monopolistische und einseitige lange Verbindung hervorruft.
Das hat einen sehr bitteren Beigeschmack.
Stellen Sie sich vor:
In ihrem Wohnzimmer sitzt ein Versicherungsvertreter.
Schliessen Sie Verträge mit ihm, wenn diese Firma vorher massgeblich an Ihrer finanziell schlechten Situation beteiligt war?
Schliessen Sie mit diesem Menschen Verträge ab, der Sie vorher in diese ausweglose Lage gebracht hat?
Schliessen Sie persönlich Verträge ab, obwohl Ihr Nachbar andere Verträge hat und die gleichen Rahmenbedingungen wie Sie ??
… und dabei gut steht?
Werden Sie sich auf höhere Kosten und unsichere Finanzierung einlassen, bei zeitgleicher Verschlechterung der Leistungen??
Niemals?
Nein – wenn es Sie persönlich betrifft, sind Sie froh, wenn Sie diesem Menschen zeigen, wo der Maurer das Loch in der Wand gelassen hat, und Sie die Tür hinter ihm schliessen.
Machen Sie das Thema Krankenhaus zu Ihrem persönlichen Thema! Denn es betrifft Sie – und Ihre Familie – Ihren Nachbarn, Ihren Arzt, Ihre eigene Gesundheit.
Wir fordern die Beendigung der Machbarkeitsstudie II – die Beendigung des Vertrages mit der Beraterfirma BDO, denn wir bauen keine Zentralklinik mehr. Weitere Kosten aus dieser Beratung lehnen wir ab und wir fordern Abrechnung aus dieser Beratungstätigkeit. Oder, Herr Landrat, ist der Beraterauftrag bereits beendet worden? Zu wann? Durch wen? Laufen die Kosten immer noch weiter?
Wir fordern, dass die Verbundlösung der drei Krankenhäuser alleiniges Ziel ist. Dazu ist es unabdingbar, zumindest den Passus Zentralklinik aus den Verträgen zu streichen. Es wäre jedoch klüger, einen völlig neuen Vertrag auszuarbeiten, aus dem alle besonderen Möglichkeiten der Zentralklinik herausgestrichen werden.
Für die Verhandlungen mit übergeordneten Stellen benötigen wir eine solide und integere Geschäftsführung, die dieses Ziel annimmt und umsetzen will und kann. Das Vertrauen in die bisherige Geschäftsführung ist verschwindend gering – wir fordern die Entscheider also auf, sich intensiv mit einer kommenden Geschäftsführung auseinanderzusetzen, die nicht alternativlos vor sich hintrudelt: Der bisherigen Geschäftsführung darf man unterstellen, dass sie immer noch das Ziel Zentralklinik verfolgt.
Das kann und darf nicht sein.
Wir haben eine wache Bevölkerung – eine Bevölkerung mit eigener Haltung, eigenen Erfahrungen und mit Weitblick. Bei uns wohnen unglaublich viele Neubürger aus anderen Kommunen. Sie wissen zu berichten, wie sich die medizinische Entwicklung auf die Bevölkerung in der alten Heimat ausgewirkt. Hier darf es nicht dazu kommen!
In Zeiten des Internets lesen wir Schreckensmeldungen – Verläufe – Ergebnisse aus der Planung von Zentralisierung und Verknappung. Aber wir hier ignorieren diese Berichte – schotten uns ab.
Ich sehe beruflich bedingt jeden Tag unglaubliches Leid. Sehe, welche Auswirkungen Krankheiten und Schicksalsschläge auf jeden Familienverbund haben. Medizinisch, finanziell und auch gesellschaftlich. Und ich weiss, dass die Mitarbeiter der Krankenhäuser dieses Leid auch sehen und verarbeiten müssen.
Probleme sind da und man kann sie nicht durch wirtschaftlich begründete und grossteils auch aus Unwissenheit getroffene Entscheidungen am grünen Tisch beheben, nur weil ein Berater uns Alternativlosigkeit weismachen will.
Wir hier brauchen die Kreativität und den Willen, unsere drei Krankenhäuser an strategischen Punkten weiterbestehen zu lassen.
Wir brauchen ein Konzept, an dem sich jeder orientieren und dem jeder vertrauen kann.
Wir brauchen eine Geschäftsführung, die alle Beteiligten mit ins Boot nimmt.
Ich fasse meine Forderungen noch einmal zusammen und ergänze sie:
Wir von der AKSB fordern Akzeptanz des Bürgerentscheides über zwei Kommunen. Der Konsortialvertrag, der Trägergesellschaftsvertrag, der Letter of Intent und alle sich daraus ergebenden Verträge, von denen wir nicht mal Kenntnis erhalten haben, sind durch den Bürgerentscheid hinfällig.
Wir fordern, dass die Entscheidung der Bürger anerkannt wird – diesmal über zwei Kommunen im Wissen der täuschenden und Verwirrung stiftenden Umstände, unter denen unser Bürgerentscheid im Landkreis durchgeführt wurde.
Wir fordern, dass die bestehende Geschäftsführung abgesetzt wird. Auch wenn es dabei zu wirtschaftlichen Schäden durch arbeitsrechtliche Auswirkungen kommen sollte, halten wir den daraus entstehenden Schaden für geringer als den, der durch Weiterbeschäftigung auf uns alle zukommen wird.
Wir fordern die Auflösung der Verträge mit der Beraterfirma BDO in allen Teilen. Eine weitere Beratung in Richtung Machbarkeitsstudie ist illegal und somit nicht tragbar – von keinem.
Wir fordern die Einsetzung eines neuen Wirtschaftsprüfungsunternehmens. BDO Wirtschaftsprüfung ist bereits länger bei uns beschäftigt, als andernorts statthaft.
Wir fordern zu den Anträgen 188 / 189 / 190 eine klare Offenlegung der Zahlen und bis diese dem Kreistag vorliegen beantragen wir Vertagung der Entscheidung.
Die Gelder, die bereits in die Trägergesellschaft geflossen sind, und die Kosten, die unrechtmässigerweise auf die UEK umgerechnet worden sind, müssen transparent dargestellt werden. Danach erfolgt Abrechnung. Danach muss über die Verwendung der noch bestehenden Überschüsse neu verhandelt werden.
Wir fordern alles ein, was dem Weiterbestand der Kliniken gut tut und wir wollen als Kreistagsabgeordnete wieder in die Verantwortung für die Krankenhäuser treten. Dazu benötigen wir die notwendige Transparenz, um Entscheidungen auch treffen zu können. Ein Weiterreichen der Verantwortung an irgendwelche Geschäftsbesorger, die ausserhalb jeder Verantwortung agieren können, lehnen wir ab.
Wir fordern die Einsetzung einer neuen Geschäftsführung – Vertragsverhandlungen mit fähigen Spezialisten können jederzeit beginnen, da uns bereits Angebote vorliegen – ganz ohne Headhunter. Dafür mit der klaren Zielsetzung, die Krankenhäuser zu erhalten. Mit Grund- und Regelversorgung an drei Standorten, die wir alle so dringend benötigen. Mit einer inneren Abteilung und der sogenannten 24/7 Notfallversorgung an drei strategischen Standorten. Mit den ergänzenden Spezialisierungen – angepasst an Örtlichkeiten und Gegebenheiten.
Wir fordern ein Umdenken – für unsere Bevölkerung.
Weiteres Zögern – weiteres Hinauszögern bringt Unsicherheit für alle. Lässt den Raum offen, doch noch das alte Ziel weiterzuverfolgen. Das lehnen wir ab.
Ich bedanke mich für’s Zuhören.
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