okj-Kommentar
von Jürgen Wieckmann
Das Aktionsbündnis hatte am 18. Juni in Pewsum Glück gehabt. Der am Infomobil der Befürworter der Zentralklinik Georgsheil ”diensthabende Arzt” war Dr. Christoph Schöttes. Auf ihn geht das medizinisches Konzept der Zentralklinik zurück. Ein Krankenhaus-Arzt alter Schule und das mit Leib und Seele. Mit ihm kann man wirklich sachlich und seriös sprechen. Der Mann weiß, worüber er spricht.
Die Frage bleibt: Warum konnte es Leer?
Andere bevorzugen es jedoch Kritiker mundtot zu machen oder auch mal Drehverbote zu erteilen. Das ist ein anderer Stil. Der kommt aus jenen Kreisen, die man besser nicht darauf anspricht, warum etwa der Landkreis Leer in sein Klinikum 10 Millionen Euro investieren kann – dabei auch noch schwarze Zahlen notiert – während wir im Landkreis Aurich eine solche Summe fast jedes Jahr als Defizit verbuchen müssen.
Wir haben hier ein sehr ernsthaftes Problem mit den Führungskräften in Politik und Geschäftsführung – ein Managementproblem gewaltigen Ausmaßes. Das gilt jedenfalls für den UEK-Verbund Aurich/Norden. Selbst wenn man Befürworter eines medizinischen Konzeptes nach Dr. Schöttes sein könnte – diesem Personal sollte man das unter keinen Umständen anvertrauen.
Nachfrage bei ”medizinischem Kleinkram” ?
Unabhängig davon, hat auch Dr. Schöttes keine Idee, wie die wohnortnahe Grund- und Regelversorgung künftig bewerkstelligt werden kann. Also der ”medizinische Kleinkram”, für den nicht gleich ein potentieller Nobelpreisträger der Neurochirurgie in den Einsatz muss.
Die ganze Fokussierung auf die Spezialisten in allen Ehren – aber fragt mal in einem Krankenhaus, was das ”täglich Brot” dort ist. Das sind eben nicht die Extremfälle, sondern die Schnittverletzungen, die Knochenbrüche, die Wundversorgung und öfter auch mal Patienten, die kein Krankenhausbett, sondern eher mal eine Ausnüchterungszelle brauchen.
Die Krankenhäuser werden sich neuen Aufgaben zu stellen haben – sie werden (ob sie wollen oder nicht) den ambulanten Sektor mit übernehmen müssen. Derzeit sind die Notaufnahmen der Krankenhäuser komplett überlaufen – oft mit Patienten, die aus rein medizinischer Sicht keine Notfälle sind.
”Bauchgefühlt” sind das 80 Prozent der Fälle. Diese Menschen sind aus ganz anderen Gründen ”Notfälle”. Es sind Bagatellfälle die nicht so gut abgerechnet werden können wie ein ordentlicher Herzinfarkt oder ein schicker Schlaganfall. Oder anders gesagt: auch die Ostfriesinnen sind beim Kinderkriegen ökonomisch schlicht untauglich. Ohne ordentliche Komplikationen macht ein Krankenhaus pro Geburt richtig Verlust.
Das ist sehr schlecht für die Bilanz
Daran wird auch der von einigen Kritiker der Zentralklinik sehr geschätzte Dr. Schöttes nichts ändern können. Aber vielleicht kann das Aktionsbündnis mit dazu beitragen, ggf. auch gemeinsam mit den Ärzten dieses wirklich absurde Gesundheitssystem an den Pranger zu stellen.
Das medizinische Konzept eines Dr. Schöttes, können Sie von mir aus in Norden, Aurich, Emden oder vielleicht gleich in Leer realisieren. Daran ist nichts zu bekritteln.
Wir müssen aber dafür sorgen, dass die medizinische Versorgung der Menschen – das sind dann eben nicht nur Bagatellfälle, sondern auch chronisch Kranke oder multible Krankheitsbilder – also, all das, was nicht ”genug Kohle macht” – gerade und ganz besonders in ländlichen Regionen nicht unter die Räder kommt.
Derzeit lautet die Ansage aber: eine Zentralklinik mit dem medizinischen Konzept von Dr. Schöttes kriegt ihr nur, wenn ihr alles andere dicht macht.
Das kann es aber nicht sein und dies wird das zentrale Thema des Aktionsbündnisses auf dem bevorstehenden Regionalgespräch am 23. Juni im Auricher Hotel am Schloss sein.
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