Aurich (on/okj) – Landrat Harm-Uwe Weber (SPD) will ein medizinisches Versorgunszentrum in Aurich einrichten. Dies berichten die Ostfriesischen Nachrichten in ihrer Ausgabe vom Freitag (25.09.) Für . Bürgermeister Heinz-Werner Windhorst stehen diese Pläne jedoch im Widerspruch zur Zentralklinik in Georgsheil. Mit solchen Versorgungszentren würden Doppelstrukturen geschaffen werden, erklärte Windhorst in den Ostfriesischen Nachrichten. Er könne sich nicht vorstellen, dass sich sowohl für die Zentralklinik als auch für die Zentren genügend Fachärzte finden. „Das ist ein Ding der Unmöglichkeit“, so Windhorst.
Hintergrund der Auseinandersetzung sind die von Weber vorangetriebenen Pläne, die Krankenhäuser in Norden/Aurich zu schließen und gemeinsam mit der Stadt Emden für 250 Millionen Euro eine Großklinik in Georgsheil errichten zu lassen. Auch das Emder Stadtklinikum soll deshalb geschlossen werden. Sozialministerin Cornelia Rundt (SPD) will das Vorhaben mit Steuergeldern fördern. Eine Vorentscheidung dazu wird im Dezember 2015 erwartet.
Unberücksichtigt bleibt bei diesen Planungen, wie künftig die wohnortnahe Gesundheitsversorgung und auch Nachsorge der Menschen in den ostfriesischen Ballungsräumen Norden, Emden und Aurich organisiert werden soll. Nach Angaben Webers werden die örtlichen Krankenhäuser um das Jahr 2021 geschlossen und das Zentralklinikum in Georgsheil „ans Netz“ gehen.
Gesundheitsregion Niedersachsen ohne ”Machthebel”
Die von Weber angesprochenen medizinischen Gesundheitszentren sind Teil des Förderprogramms „Gesundheitsregion Niedersachsen“. Dieses beinhaltet Anreize, die die Städte und Gemeinden dazu bringen soll, sich alleine um die Gesundheitsvorsorge ihrer Bürger zu kümmern. Dazu heißt es im Leitfaden des Ministeriums wörtlich: Für die Gesundheitsregion Niedersachsen kommt „der Kommune im Zuge ihres Auftrags eine zwar wichtige initiierende, koordinierende Funktion zu. Sie verfügt aber über keinen allumfassenden „Machthebel“, durch den die Veränderungsprozesse nach der „Top-Down-Strategie“ in Bewegung gesetzt werden könnte“.
Demgegenüber sind die Planungen des Auricher Landrats für die Zentralklinik eine von oben nach unten durchgesetzte Strategie. Weil die Krankenhäuser unter der politischen Verantwortung Webers in den letzten vier Jahren rund 50 Millionen Euro Defizit aufweisen, ist nach seiner Einschätzung eine Zentralklinik alternativlos. Weber begründet diese Einschätzung auf der Grundlage des Gutachtens der BDO, die den Auftrag hatte die Machbarkeit einer Zentralklinik zu prüfen.
Bestelltes BDO Gutachten erfüllte Erwartung – Alternativen nicht vorgesehen
Entsprechend dieser Vorgabe wurde die Machbarkeit auch bestätigt, jedoch unter der Bedingung, bestehende Standorte schließen zu müssen. Weiterhin legten die Gutachter eine Reihe von Risiken dar, die mit diesem Vorhaben verbunden sind. Kritiker werfen Weber vor, bereits bei der Aufragsvergabe eine Alternative zur Zentralklinik prüfen zu lassen. Eine solche hätte sein können, die drei Krankenhäuser unter eine gemeinsame Geschäftsführung als dezentrales Verbundsystem zu betreiben. Einig sind sich Kritiker und Befürworter der Zentralklinik, dass die Defizite durch die Standorte in Aurich und Norden in zweistelliger Millionenhöhe nicht mehr vertretbar ist.
Dezentrales Krankenhaus-Konzept politisch nicht gewollt
Nach Einschätzung von Insidern, ergeben sich diese Defizite vor allem durch hausgemachte Probleme, die Weber selbst und UEK-Geschäftsführer Jann-Wolfgang de Vries zu verantworten hätten. Ein vom Kreistag beschlossener Rettungsplan für beide Standorte (sogenanntes Bredehorst-Gutachten) sei nicht umgesetzt worden. Dieses hatte ab 2016 sogar Erlöse des Krankenhaus-Verbundes in Aussicht stellte,
Nach Einschätzung des Geschäftsführers des Emder Klinikums, Ulrich Pomberg, werde die ungünstige Kosten-/Erlösrelation – insbesondere für ambulante Notfallversorgungen im Krankenhaus unter unveränderten Finanzierungsbedingungen allerdings auch das geplante Zentralkrankenhaus betreffen. Die sich daraus ergebenden Defizite könnten jedoch abgefangen werden, weil die geplante Zentralklinik wegen ihrer Lage außerhalb der Städte Emden, Aurich und Norden mutmaßlich von weniger Patienten in Anspruch genommen werden würde.
Deshalb sollten „Notfallversorgungspraxen“ an den bisherigen Krankenhausstandorten etabliert werden. Bedingung sei jedoch, dass die Kosten und Risiken dafür von niedergelassenen Ärzten getragen und nicht zu Lasten der Zentralklinik gehen. (Autor: Jürgen Wieckmann)
Quellen und weiterführende Links
Leitfaden ”Gesundheitsregion Niedersachsen”
Zum Lesen empfohlen
Kraftlose Krankenhauspolitik (FAZ-Wirtschaft online)
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