Aurich (oz/on/okj) – Voraussichtlich im Januar 2016 wird der Kreisausschuss darüber entscheiden, ob das Bürgerbegehren für den Erhalt der Klinikstandorte in Norden und Aurich durchgeführt werden darf. Landrat Harm-Uwe Weber sicherte dazu in der heutigen Ausgabe der Ostfriesen-Zeitung dem Aktionsbündnis „Fairplay“ zu (10.12.). Er selbst habe die 19-Seiten Begründung zum Bürgerbegehrens „nur kurz überflogen“. Zum Inhalt wollte sich Weber auf Nachfrage der OZ nicht äußern: „Das wäre auch nicht fair gegenüber den Antragstellern“, betonte Weber gegenüber der Ostfriesen-Zeitung.
Das Aktionsbündnis geht davon aus, dass dem Antrag stattgegeben wird. SPD-Politiker im Auricher Kreistag hatten in der Vergangenheit mehrfach betont, dass sie ein solches Bürgerbegehren nicht blockieren würden, da es ein demokratisches Recht sei.
Dazu stehe die SPD. Der SPD-Faktionsvorsitzende im Kreistag, Jochen Beekhuis, hatte vor einigen Monaten im Auricher Kreistag für Aufregung gesorgt, da seiner Auffassung nach ein Bürgerbegehren nichts nützen werde, da es aufgrund der wirtschaftlichen Misere im UEK-Verbund Aurich/Norden keine Alternative zur Zentralklinik gäbe.
Weber: Laufende Betriebskosten der UEK zu hoch
Auf den 19 Seiten zur Begründung des Antrages zum Bürgerbegehren, rechnet das Aktionsbündnis vor allem mit der Krankenhauspolitik des Landkreises ab. Dabei bezogen sich die Antragsteller unter anderem auf das Bredehorst-Gutachten. Dieses für zwei Millionen Euro als „Rettungsplan“ in Auftrag gegebene Sanierungskonzept, habe das jahrelange Missmanagement in der Führung offenbart. Der Rettungsplan sei nicht umgesetzt und zum Teil regelrecht boykottiert worden. Als Grund dafür wurden unter anderem „kreisinterne Konkurrenzsituation“ aber auch „Rivalitäten in der Ärzteschaft“ angegeben.
Nach Berechnungen des Aktionsbündnisses, ist der Erhalt der bestehenden Kliniken deutlich billiger, als der Neubau einer Zentralklinik. Gegenüber der OZ wies Weber dieses Argument zurück. Es gelte nicht nur die Investitionskosten, sondern auch die des laufenden Betriebs zu berücksichtigen.
Weber bestätigte, dass die UEK 2015 erneut mit rund zehn Millionen Euro Defizit abschließen werde. Ursache dafür seien unter anderem steigende Tarife der Mitarbeiter-Gehälter. Weitreichende Sanierungsvorschläge der Geschäftsführung seien nicht umgesetzt worden, weil es massive Proteste der Belegschaft gab, vor allem in Norden, erklärte Weber auf Nachfrage den in Aurich erscheinenden Ostfriesischen Nachrichten (10.12.)
UEK-Mißmanagement: Die Mitarbeiter müssen es jetzt ausbaden
Wie aus Kreisen des Aktionsbündnisses verlautet, sei bereits jetzt abzusehen, dass dass jahrelange Missmanagement der Geschäftsführung, aber auch Versagen des UEK-Aufsichtsrats, dessen Vorsitzender Landrat Harm-Uwe Weber ist, am Ende des Tages die Mitarbeiter des Krankenhauses auszubaden haben. Es werde mit Sicherheit sehr bald zu einem Abbau von Arbeitsplätzen kommen. Diesem habe der UEK-Betriebsrat bereits zugestimmt.
Nach Einschätzungen des Aktionsbündnisses, dürfte die Absenkung der Personalkosten eine Größenordnung von rund 500 Stellen umfassen. Dieser Personalabbau soll weitgehend „sozialverträglich“ erfolgen. Anbetracht der enormen Defizite, werde man damit sicher nicht so lange warten, bis die Zentralklinik in Georgsheil ihren Betrieb aufnehmen wird.
Die „Sozialverträglichkeit“ beziehe sich allerdings vor allem auf die ausscheidenden Mitarbeiter – ggf. auch durch Zahlungen von Abfindungen. Für die verbleibenden Mitarbeiter dürfte dieser Personalabbau keineswegs „sozialverträglich“ sein. Bereits heute arbeiten Pflegepersonal aber auch einige Ärzte am Limit ihrer Kräfte. Im übrigen gelte, dass im Krankenhaus die Mitarbeitern das Wichtigste sind. Mitarbeiterschutz sei deshalb vor allem auch Patientenschutz.
Gesamtostfriesische Lösung – Hürden im Kartellrecht ?
Perspektivisch sieht das Aktionsbündnis eine Lösung der Miesere in einer gesamtostfriesischen Lösung – dies auch unter Einbeziehung der kommunalen Krankenhäuser in Leer und Wittmund. Bereits im Jahre 2005 wurde ein solcher Ansatz ernsthaft in Erwägung gezogen. Diese hätten fast zur Gründung einer Holding der ostfriesischen Krankenhäuser geführt. Die Holding scheiterte jedoch, weil ein Gutachten zum Ergebnis kam, dass eine solche Holding kartellrechtliche Probleme mit sich bringen könnte. Nach Einschätzung Webers, ist die Frage eines Zusammenschlusses der regionalen Krankenhäuser kartellrechtlich allerdings weiterhin ungelöst. (Quelle: General-Anzeiger 3.1.2013)
Dass dies möglich ist, legte im Aprill des Jahres der Geschäftsführer der Oberlausitz-Kliniken, Reiner E. Rogowski auf einer Informationsveranstaltung der CDU-nahen Mittelstandvereinigung dar. Unter weitaus widrigeren Bedingungen, als man sie in Ostfriesland vorfindet, verfusionierte er die Krankenhäuser in Bautzen, Bischhofswerda und zugehörige Komplementärbetriebe. Mittlerweile ist aus maroden Häusern ein modernes Krankenhausunternehmen in kommunaler Trägerschaft geworden.
Auch Rogowski verwies in seinem Vortrag auf die kartellrechtlichen Hürden, für die man in Ostdeutschland offensichtlich eine Lösung gefunden hat. Auch der Geschäftsführer des Emder Klinikums, Ulrich Pomberg hatte sich noch Anfang 2013 für ein gesamtostfriesisches Konzept ausgesprochen.
Zentralklinik: Einfallstor zur Privatisierung ?
Aurichs Bürgermeister Heinz-Werner Windhorst, der zu den erklärten Gegnern einer Zentralklinik gehört, erklärte Anfang April auf einer Informationsveranstaltung des Landkreises und der Stadt Emden zur Zentralklinik, das beide Kommunen ihren Eigenanteil der erforderlichen Investitionen nicht aufbringen können. Dazu zähle nicht nur der Anteil der Neubaukosten, die möglicherweise vom Land Niedersachsen bezuschusst werden. Erhebliche Kosten würden allein durch die Erschließung der Infrastruktur entstehen und weitere Folgekosten in noch unbekannter Größenordnung nach sich ziehen. Vor diesem Hintergrund stehe zu befürchten, dass damit einer Privatisierung „Tür und Tor“ geöffnet werde. Diese werde einen ruinösen Wettbewerb auch für die Krankenhäuser benachbarter Landkreise auslösen.
Kommunale Haushalte unter Druck
Nach Einschätzung des Aktionsbündnisses werde bei einer desolaten Haushaltslage im schlimmsten Falle die Kommunalaufsicht auf den Plan treten. Nicht nur der Haushalt des Landkreises stehe vor gewaltigen Herausforderungen.
Dies ist unter anderem auf Mindererträgen aus der Kreisumlage und dem Mehraufwand im Bereich Asyl zurückzuführen. Die Kommunalaufsicht kann unter Umständen den Verkauf der Zentralklinik sogar anordnen, sofern ein Haushalt nicht genehmigt werden oder eine Kommune ihren Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen kann.
Vor allem die Stadt Emden werde durch die VW-Krise mit erheblichen Einbußen bei der Gewerbesteuer-Einnahme zu rechnen haben. Eine vielleicht allerletzte Möglichkeit für den Landkreis Aurich wäre gegebenenfalls eine Erhöhung der Kreisumlage, die alle Städte und Gemeinden treffen könnte.
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