Ostfriesisches Klinik Journal

Für den Erhalt wohnortnaher Krankenhäuser

Vorsicht bissiger Landrat

Ein Feature – von Jürgen Wieckmann

Der Auricher Land­rat Harm-Uwe Weber (SPD) wird zuneh­mend sau­er. Sei­ne schlech­te Lau­ne traf jetzt sogar eine Kreis­tags­ab­ge­ord­ne­te, die den Plä­nen zur Zen­tral­kli­nik durch­aus auf­ge­schlos­sen gegen­über­steht. Öffent­lich kan­zel­te Weber die Frak­ti­ons­chefin und UEK-Auf­sichts­rats­mit­glied Ange­li­ka Albers (Grü­ne) ab. Albers hat­te für die nächs­te Sit­zung des Auf­sichts­ra­tes am 15. März einen aus­führ­li­chen Bericht zu den Vor­gän­gen in der Kar­dio­lo­gie des Auricher Kran­ken­hau­ses ein­ge­for­dert. Der Antrag der Kreis­tags­ab­ge­ord­ne­ten zei­ge, wie schlecht Albers infor­miert sei, erklär­te Weber in der heu­ti­gen Aus­ga­be (09.03) der in Aurich erschei­nen­den Ost­frie­si­schen Nach­rich­ten. Die Sit­zung wäre bereits abge­sagt wor­den. Das hät­te Frau Albers wis­sen müs­sen.

Der Land­rat, dem ein Poli­tik­stil nach Guts­her­ren­art nach­ge­sagt wird, mahn­te auch das Akti­ons­bünd­nis zu mehr Sach­lich­keit in der Dis­kus­si­on. In einer ges­tern ver­brei­te­ten Pres­se­mit­tei­lung hat­te die­ses wegen des jah­re­lan­gen UEK-Miss­ma­nage­ment per­so­nel­le Kon­se­quen­zen gefor­dert. Weber, der seit mehr als zehn Jah­ren für die Kran­ken­häu­ser im Land­kreis Aurich zustän­dig ist, (zunächst als Kran­ken­haus­de­zer­nent unter Land­rat Wal­ter Theu­er­kauf und ab 2011 als des­sen Nach­fol­ger), sei schließ­lich der poli­tisch Haupt­ver­ant­wort­li­che für das Finanz­de­sas­ter der UEK-Kli­ni­ken.

Steuerverschwendung: Die Politik trägt Mitschuld am UEK-Desaster

Wegen der Mise­re der Ubbo-Emmi­us-Kli­nik steht Weber schon seit Jah­ren in der Kri­tik. Im Gegen­satz zum Lee­ra­ner Kli­ni­kum, wel­ches den glei­chen Bun­des­ge­set­zen für Kran­ken­häu­ser unter­liegt wie die des Land­kreis Aurich, warn­te ON-Redak­teur Wolf­gang Wit­te bereits im März 2013 vor dem Schei­tern des vom Kreis­tag beschlos­se­nen Ret­tungs­plan „Bre­de­horst“.

ScheinwerferIn der Ver­gan­gen­heit habe es der Land­kreis ver­ab­säumt, die guten Jah­re zu nut­zen, um sich vor der drü­cken­den Schul­den­last zu befrei­en. Selbst wenn die Sanie­rung gelän­ge, sei­en bis zum Jahr 2016 40 bis 50 Mil­lio­nen Euro weg, schrieb Wit­te damals.

Wit­te: Im Fal­le des Schei­terns habe der von Land­rat Harm-Uwe Weber geführ­te Auf­sichts­rat, der die Inter­es­sen der Bür­ger als Eigen­tü­mer der Kli­nik ver­tritt, nur noch die Wahl zwi­schen Pest und Cho­le­ra. Zum einen kön­ne man die Kran­ken­häu­ser schrump­fen las­sen, was vie­le Mil­lio­nen kos­ten wür­de. Tau­send von Mit­ar­bei­ter müss­ten ent­las­sen wer­den, die medi­zi­ni­sche Ver­sor­gung der Bür­ger wür­de sich ver­schlech­tern. Zum ande­ren könn­te der Auf­sichts­rat die UEK an einen pri­va­ten Kli­nik­be­trei­ber ver­kau­fen. Im Gegen­satz zu den Kos­ten für den Schrump­fungs­pro­zess sei­en die Kos­ten für die Pri­va­ti­sie­rung rela­tiv gut abzu­schät­zen. Sie lie­gen nach Aus­kunft der UEK-Geschäfts­füh­rung bei rund 60 Mil­lio­nen Euro. Wür­de die UEK vor dem Ver­kauf in ihre Immo­bi­li­en inves­tie­ren, wür­de sich die­se „Ver­kaufs­mit­gift“ ver­rin­gern.

Webers Verstoß gegen die Pressefreiheit

Wit­te, der als exzel­len­ter Ken­ner der Auricher Kran­ken­haus-Mise­re galt, war als Kri­ti­ker schon damals dem Land­rat ein Dorn im Auge. Auf Bestre­ben des SPD-Frak­ti­ons­vor­sit­zen­den Jochen Beek­huis (SPD) hat­te Weber im Juli 2013 die ON-Chef­re­dak­ti­on auf­ge­for­dert, den unbe­que­men Redak­teur aus dem „ope­ra­ti­ven Geschäft“ abzu­zie­hen. Durch ein Daten­leck im Mail­sys­tem des Land­krei­ses gelang­te die­se Nach­richt an die Öffent­lich­keit. Der Deut­sche Jour­na­lis­ten­ver­band (DJV) schal­te­te sich schließ­lich ein und rüg­te den Land­rat wegen der ver­such­ten Ein­fluss­nah­me. Nach Auf­fas­sung des DJV ein kla­rer Ver­stoß gegen die Pres­se­frei­heit.

Bereits 2010 hat­ten UEK-Auf­sichts­rats­mit­glie­der auf die dro­hen­de Schief­la­ge der UEK-Kran­ken­häu­ser ver­wie­sen. Auf­sichts­rats­mit­glied Hans-Gerd Mey­er­holz berich­te­te, er habe schon damals den amtie­ren­den Land­rat Wal­ter Theu­er­kauf (SPD) auf die kom­men­den Pro­ble­me hin­ge­wie­sen. Theu­er­kauf habe die­se zwar auch erkannt, jedoch dafür gesorgt, dass das The­ma nicht auf­kom­me, um die Wahl sei­nes Nach­fol­gers Weber nicht zu gefähr­den.

Das Für und Wider einer Zentralklinik steht nicht zur Diskussion

wiard

Klu­ger Rat vom Land­rat igno­riert: ”Bür­ger im Ent­schei­dungs­pro­zess Zen­tral­kli­nik ein­bin­den”. (Wiard Sie­bels)

Herr Weber glaubt immer noch, er kön­ne mit dem Akti­ons­bünd­nis über das Für und Wider einer Zen­tral­kli­nik dis­ku­tie­ren“, heißt es aus Krei­sen des Akti­ons­bünd­nis­ses. Die­se Fra­ge ste­he über­haupt nicht mehr auf der Agen­da. Es gehe nur noch dar­um, die Bür­ger des Land­krei­ses in die Ent­schei­dun­gen über die Zukunft der ost­frie­si­schen Kran­ken­haus­land­schaft mit­wir­ken zu las­sen. Hier tei­le man die Auf­fas­sung des frü­he­ren ON-Redak­teu­ers Wit­te, der damals von den „Inter­es­sen der Bür­ger als Eigen­tü­mer der Kli­nik“ schrieb.

Nach eige­nem Bekun­den hat­te Anfang 2013 selbst der SPD-Land­tags­ab­ge­ord­ne­te Wiard Sie­bels dem Land­rat Weber anemp­foh­len, die Bür­ger von Anfang an in das Ent­schei­dungs­ver­fah­ren Zen­tral­kli­nik ein­zu­bin­den. Den klu­ge Rat des Genos­sen schien Weber jedoch nicht beher­zi­gen zu wol­len. Erst als der Kreis­tag am 18.3.2015 anläss­lich der Ent­schei­dung über den Trä­ger­schafts­ver­trag Zen­tral­kli­nik mit der Stadt Emden abzu­stim­men hat­te, warf der Kreis­tag dem Land­rat fort­ge­setz­te „Infor­ma­ti­on­s­pan­nen“ vor. Die Bür­ger müss­ten bes­ser über die Pla­nun­gen zur Zen­tral­kli­nik infor­miert wer­den.

Das Akti­ons­bünd­nis hat­te rund 22.000 Unter­schrif­ten gegen die Zen­tral­kli­nik und für den Erhalt der bestehe­nen Kran­ken­häu­ser gesam­melt und Nie­der­sach­sens Sozi­al­mi­nis­te­rin Cor­ne­lia Rundt über­reicht. Erst danach sah sich Weber gezwun­gen, soge­nann­te Infor­ma­ti­ons­ver­an­stal­tun­gen in Emden, Aurich und Nor­den abzu­hal­ten, die von vie­len Bür­gern eher als „Medi­en­show“ und Rekla­me­ver­an­stal­tung für die Zen­tral­kli­nik wahr­ge­nom­men wur­de.

JWI G 0954Bei der Unter­schrif­ten­über­ga­be in Han­no­ver, hat­te die Sozi­al­mi­nis­te­rin den Ver­tre­tern deut­lich zu ver­ste­hen gege­ben, dass Han­no­ver die Pla­nun­gen zur Zen­tral­kli­nik befür­wor­te. Die schlech­ten Wirt­schafts­da­ten sei­en schließ­lich nicht zu ver­leug­nen. Gleich­wohl lege man in Han­no­ver wert dar­auf, dass ein sol­ches Groß­pro­jekt zurei­chen­de Akzep­tanz bei den Men­schen habe.

Anläss­lich der Eröff­nung des Auricher Fami­li­en­zen­trums, bei der auch Minis­te­rin Rundt anwe­send war, habe sie unter den Augen meh­re­re Zeu­gen, „den Land­rat bei­sei­te genom­men“, um ihm deut­lich zu machen, dass die gesell­schaft­li­che Akzep­tanz des Vor­ha­bens, bei der Bewil­li­gung von För­der­gel­dern eben­falls eine Rol­le spie­len wer­de. Schon im Vor­feld hat­te Weber etli­chen inter­nen Kri­ti­kern einen Maul­korb ver­passt, da öffent­li­che Kri­tik an den Plä­nen För­der­gel­der gefähr­den könn­ten.

Aktionsbündnis rechnet mit ”go” für Bürgerbegehren durch den Kreisausschuss

AB_logoDas Akti­ons­bünd­nis hat­te sehr bewusst zunächst eine Unter­schrif­ten­samm­lung initi­iert, die kei­ne form­alde­mo­kra­ti­sche Wir­kung hat­te. Das war ein freund­li­ches Signal für die Poli­tik. Die­ses habe jedoch kei­ne Wir­kung gezeigt. Selbst eine Bür­ger­be­fra­gung habe der Kreis­tag abge­lehnt, obwohl die­se für die Poli­tik kei­ne bin­den­de Wir­kung gehabt hät­te.

Vor die­sem Hin­ter­grund, sei dem Akti­ons­bünd­nis nichts ande­res übrig geblie­ben, als das nach der Kom­mu­nal­ver­fas­sung mög­li­che größ­te Geschütz demo­kra­ti­scher Ent­schei­dungs­fin­dung auf­zu­fah­ren – das Bür­ger­be­geh­ren und den Bür­ger­ent­scheid. Da mitt­ler­wei­le alle poli­ti­schen Par­tei­en ein Bür­ger­be­geh­ren befür­wor­ten, gehe man davon aus, das auch der Kreis­aus­schuss ein Votum der Bür­ger nicht ver­hin­dern wer­de.


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