Hamburg (okj) – Mit TTIP (Transatlantic Trade and Investment Partnership) besteht die Gefahr, dass Einzelinteressen wirtschaftlicher Akteure Vorrang eingeräumt wird und dafür bestehende medizinische Standards abgebaut oder unterhöhlt werden. Zu diesem Ergebnis kam der 119. Ärztetag am 25. Mai in Hamburg. Grundprinzipien einer patientenorientierten Medizin würden durch das geplante TTIP-Abkommen in Frage gestellt, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung vom Mai 2015.
Es bestehe die Gefahr, dass das Niveau des Verbraucherschutzes gesenkt wird. Präventive Maßnahmen, etwa Verbote für die Bewerbung ungesunder Produkte, sollen behindert werden. Das nur in Europa verankerte Vorsorgeprinzip könne mehr oder weniger verdrängt werden. Damit werde eine Beweislastumkehr bei vermuteten Belastungen und Schädigungen für die menschliche Gesundheit eingeführt.
Kommerzialisierung der öffentlichen Daseinsvorsorge
Des Weiteren sehen die Ärzte die Gefahr einer weiteren (Teil-)Privatisierung und Kommerzialisierung im Bereich der öffentlichen Daseinsvorsorge.
Mit TTIP käme es nach Einschätzung der Ärzte zudem zu einer erheblichen Verteuerung des Gesundheitswesens durch eine zeitliche Ausdehnung des Patentschutzes. Dies werde Medikamente verteuern und die für die Bevölkerung teureren privatwirtschaftlichen Versicherungssysteme bevorzugen.
Mit dem Handelsabkommen werde außerdem die Finanzierung von Solidarsystemen weiter zurückgefahren, heißt es in der Erklärung.Laut Verhandlungsmandat sollen alle Dienstleistungen, die nicht ausschließlich von hoheitlichen Stellen erbracht werden, auf das höchste Niveau liberalisiert werden. Zur Orientierung dienen bereits umgesetzte Freihandelskommen in den USA oder Europa.
Öffentliche Diskussion gefordert
Die Ärzte sehen auch die Gefahr, dass mit TTIP die Pharmakonzerne wieder die Möglichkeit erhalten, durchgeführte Studien zu unterschlagen, wenn diese gegen ihre Medikamente sprechen. Die staatlichen Preiskontrollen der EU-Mitgliedstaaten werden als Handelshemmnis angesehen und sollen zurückgedrängt werden, vor allem auch des das Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes (AMNOG)].
Was TTIP für die Gesundheitsversorgung der Menschen bedeute, müsse deshalb verstärkt Eingang in die öffentliche Diskussion finden, heißt es in der Erklärung der Ärzteschaft
Literaturhinweise
- ”Vielfalt des europäischen Gesundheitswesens und Freiberuflichkeit bewahren” Erklärung der Präsidenten und Vorsitzenden der Heilberufe von BÄK, KBV, BZÄK, ABDA und KZBV (Mai 2015)
- ”Freihandelsabkommen TTIP – eine Gefahr für die Demokratie” von Sebastian Botzem und Markus Wolf in: Impulse – der Wissenschaftsdialog, Universität Bremen (05.11.2015)
- ”ATTAC: Bedroht die geplante transatlantische Freihandelszone unsere Gesundheit?” Von Harald Klimenta in: Gesellschaft, Ökonomie, Politik (14.11.2014)
- Bürgermeister: Privatisierung droht. Auricher Ratshauschef sieht für eine Zentralklinik in Georgsheil keine finanzielle Zukunft (Ostfriesische Nachrichten 17. Februar 2015)
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