Norden/Aurich (okj) – Die Marketingabteilung der Ubbo-Emmius-Klinik (UEK) Aurich/Norden hat die Belegschaft der Kliniken aufgerufen am morgigen Freitag (19.8.) für die geplante Zentralklinik in Georgsheil Flagge zu zeigen. Vorausgegangen war ein Demo-Aufruf des Emder Kreisverbandes der Linken gegen die Zentralklinik in der Tageszeitung „Ostfriesische Nachrichten“. Damit die Mitarbeiter aus Aurich und Norden noch zeitnah nach Georgsheil kommen, hat die UEK-Geschäftsführung Busse organisiert. Diese sollen die Mitarbeiter gegen 11 Uhr abholen und um 12 Uhr an ihren jeweiligen Arbeitsplatz zurückbringen.
Hintergrund des spontanen Treffens von Kritikern und Befürwortern einer Zentralklinik ist die am Wochenende durch eine Indiskretion bekannt gewordene PowerPoint-Präsentation über den sogenannten Konsortialvertrages zwischen dem Landkreis und der Stadt Emden. Dieser, von der BDO-Legal erarbeitete Vertrag, sollte den Klinikgeschäftsführern, den Aufsichtsräten und Personalvertretungen der Krankenhäuser in einer internen Informationsveranstaltung in der Feuerwehrtechnischen Zentrale Georgsheil erläutert werden.
Zentralklinik-Sprecher Claus Eppmann zeigte sich auf einer eilig einberufenen Pressekonferenz am vergangenen Montag (15.8.) über diese Veröffentlichung höchst verärgert. Eppmann kündigte an, den eingeladenen Gästen deutliche Worte zu dieser unerwünschten Information der Öffentlichkeit zu sprechen.
Sorgen um ambulante Notfallversorgung vor Ort
„Im Eiltempo und ohne kritische Öffentlichkeit wollen Landrat Weber und Oberbürgermeister Bornemann das Projekt Zentralklinikum Georgsheil über die Bühne bringen“, erklärte der Emder Kreisvorsitzende der Linken, Hartmut Ukena. Dort sorge man sich zunehmend um die künftige ambulante Notfallversorgung, betonte Ukena. Diese würde nicht von der Zentralklinik übernommen, örtlich niedergelassene Ärzte müssten die Versorgung übernehmen. Diese Überlegungen seien eindeutig zum Nachteil der Bevölkerung in Emden, Aurich und Norden“, so Ukena. Der Vorsitzende der Emder Linken kündigte weitere Protestaktionen auch vor dem Emder Klinikum an.
Grüne: Selbstenthauptung der politischen Aufsichtsräte?
Kritik am Konsortial-Vertrag äußerte inzwischen auch die Kreistagsfraktion der Grünen in Aurich. „Abgesehen davon, dass wir auf Grundlage einer gekürzten PowerPoint Vorlage entscheiden sollen und uns der volle Vertragstext ausdrücklich vorenthalten wird, vollzieht sich hier ein beispielloser Prozess der Entdemokratisierung“, erklärte die Kreistagsabgeornete und UEK-Aufsichtsratsmitglied Angelika Albers. Dem zuzustimmen bedeute, dass sich der Aufsichtsrat selbst enthauptet.
Die Beschwichtigung von Zentralklinik-Sprecher Claus Eppmann, dies alles als einen geschäftsmäßigen Vorgang herunterzureden, sei der untaugliche Versuch, der Politik einen Maulkorb zu verpassen und sie von zukünftigen Entscheidungen fernzuhalten, betonte die Kreistagsabgeordnete Gila Altmann. Die Kritik richtet sich unter anderem . gegen die Verkleinerung des Aufsichtsrates auf 9 Personen, die kleine Fraktionen ausschließen soll. Dies lasse ein Mindestmaß an Transparenz vermissen.
Beide Fraktionssprecherinnen der Kreistags-Grünen bewerten das Ansinnen als weiteren Versuch, kritische Stimmen aus Politik und Bürgerschaft bei der Entscheidungsfindung auszuschließen. Dabei gehe es um um Millionen von Steuergelder, die nun unter Ausschluss der Öffentlichkeit verhandelt und verteilt werden sollen. Dass das Bürgerbegehren in § 35 aufgenommen würde, habe nur Feigenblattfunktion. In dem Paragraphen ist unter anderem festgehalten, das bei einem Bürgerentscheid gegen die Zentralklinik der Vertrag hinfällig wird.
Möglichkeiten der Zusammenarbeit kleiner Krankenhäuser ausschöpfen
In einem Schreiben an die „verehrten MitbürgerInnen“ hat sich auch der Kreistagsabgeordnete Helmut Ross zu Wort gemeldet. Die öffentlichkeitswirksame Ankündigung zur Zusammenarbeit der drei Klinikstandorte offenbare die schweren Versäumnisse der politischen Führungskräfte in den vergangenen Jahrzehnten, so Ross. Bereits vor 25 Jahren habe die Gewerkschaft ÖTV die engere Zusammenarbeit der ostfriesischen Krankenhäuser gefordert. Kreisgeschäftsführer Friedhelm Merkentrup betonte damals, die Krankenhäuser müssen alle Möglichkeiten der Zusammenarbeit ausschöpfen – auch um Kosten zu sparen.
22 Jahre später – im Juli 2012 – habe der Emder Klinikchef Ulrich Pomberg einen ostfriesischen Verbund angeboten und schlug im Dezember des gleichen Jahres wegen der Kostenentwicklung Alarm, erklärte Ross. Unterstützt wurde er dabei vom Emder Finanzchef Horst Jahnke.
Politik ignorierte Warnungen aus Emden
Diese sinnvollen Vorstöße der Emder seien jedoch durchweg ohne Reaktion geblieben. Als im Spätsommer 2011 in Aurich in einer Sitzung im Kreishaus nach dem finanziellen Stand der Landkreis-Krankenhäuser in Aurich gefragt wurde, habe der damalige Landrat Walter Theuerkauf (SPD) in Gegenwart des damals zuständigen Dezernenten Harm-Uwe Weber erklärt, dass man darüber lieber erst nach der Kommunalwahl reden wolle, schreibt Ross weiter.
Werbevideo über das Emder Krankenhaus
Im Gegensatz zum Landkreis Aurich habe das kleine Emder Krankenhaus auch wirtschaftlich gut agieren können. Allerdings habe es wenig genutzt, da die gesetzlichen Rahmenbedingungen zur Finanzierung der kleinerer Krankenhäuser diese zwangsläufig in ökonomische Schieflage bringen und vor allem in Hannover und Berlin geändert werden müssten. Das läge nicht nur im Interesse der Klinik-Chefs und Ärzte, sondern vor allem auch der Bürger und Patienten, heißt es aus Kreisen des Aktionsbündnisses Klinikerhalt.
Am vergangenen Dienstag (16.8.) hatte auch die Krankenhausgesellschaft auf die Gefährdung aller 180 Krankenhäuser im Flächenland Niedersachsen verwiesen. Zweidrittel dieser Einrichtungen seien durch die gesundheitspolitischen Rahmenbedingungen mittlerweile in wirtschaftlichen Schwierigkeiten. An der Demonstration vor dem Hannoveraner Rathaus nahmen auch Vertreter des Aktionsbündnis in Ostfriesland teil.
Gerade das Emder Krankenhaus sei eher mal ein Opfer dieser verfehlten Gesundheitspolitik auf Bundesebene. Das Emder Klinikum habe habe über die Grenzen Ostfrieslands hinaus einen sehr guten Ruf. Dies gelte auch für die Ärzteausbildung die in Emden geleistet werde und erst kürzlich auch von Hausärzten in Norden und Aurich hervorgehoben wurde. Klinikchef Ulrich Pomberg habe hier beachtliches geleistet.
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