Aurich/Emden (okj) – Entgegen der Entscheidung der Bürger wollen der Auricher Landrat Harm-Uwe Weber und Emdens Oberbürgermeister Bernd Bornemann (beide SPD) am sogenannten Konsortialvertrag festhalten. In diesem Vertrag hatten die Gebietskörperschaften, die Krankenhausgesellschaften der Stadt Emden und des Landkreises sowie die Zentralklinik GmbH vereinbart, die bestehenden Krankenhäuser in Norden, Aurich und Emden zu schließen und eine Zentralklinik in Georgsheil zu errichten.
Durch Volksentscheid am 11. Juni 2017 wurde dieses Vorhaben vor allem von den Bürgern in Emden abgelehnt. Knapp 62 Prozent der Emder sprachen sich gegen die Zentralklinik und für den Erhalt ihres Krankenhauses aus. Damit hatten die Ostfriesen das Projekt abgelehnt – ein Ergebnis, welches für die Politik rechtlich bindend ist. Entsprechend wurde auch im Paragraphen 34 des Konsortialvertrages vereinbart, dass dieser seine Gültigkeit verliere, sollte ein Volksentscheid gegen das Vorhaben ausgehen.
Politische Arroganz und Überheblichkeit
Nach dem Willen von Weber und Bornemann sollen die Abgeordneten des Emder und des Auricher Kommunalparlament nun jedoch für eine Verlängerung dieses Vertrages bis zum 30. Juni 2018 stimmen. Eine entsprechende Beschlussvorlage ist in der vergangenen Woche für die Sitzungen am 6. September veröffentlicht worden. In einer am Freitag veröffentlichten Pressemitteilung bezeichnete das Aktionsbündnis Klinikerhalt dies als „Arroganz und Überheblichkeit der politisch Verantwortlichen“. Hier werde der Versuch unternommen, demokratische Rechtmäßigkeiten außer Kraft zu setzen.
Ob die von den Bürgern gewählten Abgeordneten der in den Parlamenten vertretenen Parteien der Beschlussvorlage mehrheitlich zustimmen werden, ist derzeit noch fraglich. Politische Beobachter gehend jedoch davon aus, dass vor allem die Emder Sozialdemokraten die Entscheidung der Bürger durch Zustimmung zur Vertragsverlängerung unterlaufen werden.
Emder SPD wird Bürgervotum unterlaufen
Bereits bei der Kommunalwahl 2016 hatten die Emder Sozialdemokraten wegen ihrer Absicht das Krankenhaus zu schließen rund 20 Prozent ihrer Wählerschaft verloren. Das Wahldebakel sorgte bundesweit für Aufsehen. Dennoch haben SPD, Grüne, FDP und CDU im Rat eine Mehrheit, um das Bürgervotum bei der anstehenden Abstimmung am 6. September de jure zu unterlaufen. Wird der Vertrag nicht, wie im Vertragswerk selbst vereinbart, aufgelöst, bleiben die Vertragspartner weiterhin rechtlich verpflichtet, die bestehenden Krankenhäuser abzuwickeln und eine Zentralklinik in Georgsheil zu errichten.
Kritische Stimmen im Auricher Kreistag
Wie die in Aurich erscheinende Tageszeitung „Ostfriesische Nachrichten“ (ON) in ihrer Ausgabe vom 1. September berichtete, wollen einige Abgeordnete des Kreistages Webers Beschlussvorlage nicht zustimmen und den Konsortialvertrag entsprechend des Paragraphen 34 auflösen. „Wir wollen einen Strich unter das Thema machen“ erklärte der Kreistagsabgeordnete Franz Constant.
Die Gruppe der Abgeordneten (AKSB) sieht in dem Vertragswerk keine Grundlage mehr. Wir wollen einen Neuanfang, so Constant in den ON. Weiter heißt es in der Zeitung: Johannes-Albert Wiens, von Beruf Rechtsanwalt, habe sich den Vertrag intensiv angeschaut.
Gruppenmitglied Hilde Ubben (Aurich) will sich laut Constant am Mittwoch ausführlich zum Thema äußern. Constant hatte bereits im Kreisfinanzausschuss mangelnde Transparenz in Sachen Klinik kritisiert.
Grüne und Linke im Auricher Kreistag dürften ebenfalls für die Auflösung des Konsortialvertrages stimmen.
Ob sich sogenannte Abweichler bei SPD und CDU bei der Abstimmung dem Fraktionszwang zu unterwerfen haben, um Webers gewollte Vertragsverlängerung passieren zu lassen, dürfte sich in den nächsten Tagen abzeichnen.
Im Wortlaut
Stellungnahme Aktionsbündnis Klinikerhalt zu den Vorgängen
Beschlussvorlage Konsortialvertrag (Auricher Kreistag)
Beschlussvorlage Konsortialvertrag (Rat der Stadt Emden)
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