okj-Kommentar
von Margitta Schweers
Die Zentralklinik soll kommen – in den Köpfen der Planer und Entscheidungsträger erstrahlt ein Gebäude in hellem Glanz. Die neue Medizinwelt, auch für Ostfriesland – das Allheilmittel für sämtliche kommunalen und medizinischen Belange.
Dieses Allheilmittel wird dem Bürger, also dem potentiellen Patienten verabreicht. Die Packungen, die diese Medizin ummanteln sind bunt. Sie werden mit Beipack-Flyern versehen, die alle Risiken und Nebenwirkungen einfach wegwischen. Nur der wirklich informierte Leser dieser Flyer bemerkt die Widersprüche. Da wird erklärt, dass Fördermittel nur und ausschliesslich vom Lande Niedersachsen zu erwarten sind, wenn man ein Zentralklinikum baut. Völliger Blödsinn! Allen Kliniken sind die gleichen Möglichkeiten eröffnet, Fördergelder zu beantragen. Wo kämen wir denn hin, wenn Krankenhäuser sich nur und ausschliesslich durch Neubauten über Wasser halten könnten?
Nimmt der geneigte Leser diesen „Waschzettel-Flyer“ in die Hand, wird ihm suggeriert, dass er die beste Pflege in einem Schwerpunktkrankenhaus erhält, das durch glückliche Fügung vor Privatisierung geschützt sei. Und was liest der informierte Patient?
Schwerpunktbildung geht zu Lasten anderer Abteilungen. Schwerpunkte müssen finanziert und speziell ausgestattet werden. Welche Schwerpunkte werden gepflegt, welche nicht? Sollte eine Schwerpunktbehandlung im Vordergrund stehen oder vielmehr doch die notwendige Behandlung im Sinne der Grund- und Regelversorgung? Der Bürger ahnt den Zwiespalt. Wie viele Schwerpunktbehandlungen z.B. Gallenblasen-Entfernungen sind denn möglich? Diese soll ja demnächst ambulant erfolgen können, so durften wir auf den Info-Veranstaltungen lernen. Gut und schön – oder nicht schön.….
Was tun, wenn alle defekten Gallenblasen in Ostfriesland entfernt sind? Dummerweise verfügt man als Patient ja nur über eine… Karrt man dann die Patienten aus dem Bundesgebiet hier her? Das kann man auf alle speziellen Krankheiten übertragen. Was wenn der „Markt“ hier abgegrast ist? Was, wenn die Hälfte aller Ostfriesen mit künstlichen Hüftgelenken rumlaufen? Aber vor allem, wie soll sowas dann langfristig die Grund- und Regelversorgung sichern?
Auch, dass man Pflege suggeriert, wird der Leser der medizinischen Zielgruppe leicht enttarnen können. Hatten doch schon viele Menschen das Problem, plötzlich alleine mit einem pflegebedürftigen Menschen dazustehen. Pflege ist nicht die Aufgabe des Krankenhauses – schon lange nicht mehr. Betreuung während des Aufenthaltes – ok.
Was versucht man uns hier zu verabreichen?
Der Flyer warnt vor Privatisierung der alten Standorte – das ist in der Tat eine bittere Pille, die man uns da verschreiben will. Da uns diese Medizin so gar nicht schmecken will, machen wir das, was sich im Alltag bewährt hat. Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen wir mal den Arzt oder Apotheker …. Nein! Wir sehen uns mal selber an, was man uns hier auf die Zunge legt. Und wir sind erschrocken über den Befund. Wirtschaftliches Missmanagement, fehlender Willle, schier unglaubliche Defizite in steigender Tendenz. Die Patientenkurve leuchtet in Signalrot.
Der Patient lässt sich nicht abschaffen – auch bei Krankenhäusern wäre das ein unerträglicher Verlust. Soweit darf man es nicht kommen lassen.
Seltsames Krähen-Schutzgebiet
Patienten verlassen sich gerne auf ihre Angehörigen, um Notwendiges zu unternehmen, damit man wieder auf die Beine kommt. Und da sind wohl wir alle hier gefordert. Es ist für uns Patienten und Krankenhaus-Nutzer an der Zeit, „Kunstfehler“ der Vergangenheit herauszuarbeiten und auszumerzen. Auch wenn mit rosigen Wangen im Waschzettel-Flyer erklärt wird, dass sich alle „Experten“ einig sind, so kommt uns als Patienten der Krankenhäuser der Verdacht, dass da wieder die eine Krähe die andere schützen möchte. Bevor man dem Mitentscheider das Auge aushackt, lässt man ihn eher in der Gruppe untertauchen. In der Gruppe, die eben die neue Pille verabreichen muss, um sich selber vor Konsequenzen zu schützen.
Und nun kommen wir zum eigentlichen Thema dieses Kommentars: Suche die verantwortlichen Krähen unseres Systems!
Kommunalpolitisch wird entschieden, die drei Patienten sterben zu lassen. Wie im Reagenzglas entsteht bereits der neue Klon. Aber wer hat das entschieden? Wer stellt sich öffentlich hin und vermeldet: Ja – ich habe für den Bürger entschieden, dass ich die Zentralklinik will. Ja, ich bin bereit und informiert genug, mich den Fragen aller zu stellen. Ja – ich habe alle Wünsche und Belange der Bürger geprüft und sehe sie durch eine Zentralklinik realisiert.
In kommunalen Rats-Sälen, auf diversen Fraktionssitzungen, Kreistagssitzungen wurden Abstimmungen vollzogen. Aber dringen diese im Hinblick auf eine Konfrontation mit dem Bürger nach aussen? Weiss man als Bürger und Patient genau, wem man im nächsten Jahr seine Stimme geben möchte?
Die Stimme der Bürger zählt
Es ist dringend an der Zeit, seinen Politiker vor Ort mal direkt anzusprechen. Sich von ihm erklären zu lassen, wie und mit welcher Begründung er seine Meinung gebildet hat.
Das ist unser Recht. Auch und besonders, weil uns das Thema Zentralklinik besonders berührt und jeder auf eine angemessene und erfolgversprechende medizinische Versorgung vor Ort angewiesen ist. Das ist überlebenswichtig!.
Zu Risiken und Nebenwirkungen: Fragen Sie Ihren Kreistagsabgeordneten, fragen Sie Ihr Ratsmitglied, fragen Sie die Mitglieder der Ortsgruppen. Äussern Sie Ihre Anforderungen und Bedürfnisse. Diskutieren Sie mit ihm – bei einem solchen Thema darf sich niemand verstecken!
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