Aurich (okj) – Wenn sich die Menschen im Landkreis Aurich und der Stadt Emden beim Bürgerentscheid am 11. Juni 2017 für den Erhalt bestehender Krankenhäuser und gegen eine Zentralklinik entscheiden, wird sie dennoch gebaut werden, dann allerdings von einem privaten Betreiber. Dies hält Zentralklinikchef Claus Eppmann, für die wahrscheinlichste Lösung.
Ein Bürgerentscheid gegen die Zentralklinik werde dafür sorgen, dass zwei Jahre lang alles weiterlaufen müsse wie bislang, erklärte Eppmann in einer Pressekonferenz am Donnerstag (27.4.). Sobald die Wirkung des Bürgerentscheid ausgelaufen ist, (er gilt zwei Jahre) werde es einen möglichst schnellen Verkauf der drei Krankenhäuser an einen Privatinvestor geben. Dieser würde die bestehende Krankenhäuser kaufen in Georgsheil die Zentralklinik bauen und anschließend die Häuser in Norden, Aurich und Emden schließen. Dies könnten die Bürger dann nicht mehr verhindern.
Krankenhauswelt schaut auf Ostfriesland
Eppmann betonte, keine Kommune könne auf Dauer die Defizite der bestehenden Krankenhäuser bezahlen. Auch das Land Niedersachsen werde seine Zuschüsse streichen.
Eppmann betonte zudem, dass die Kritiker seine Ausführungen als „Drohgebärde interpretieren“ würden, um den Menschen Angst zu machen.
Zentralklinik-Chefin Dr. Astrid Gesang erklärte, der Bürgerentscheid am 11. Juni habe einen hohen Stellenwert. „Die deutsche Krankenhaus-Welt guckt auf Ostfriesland“.
Sachzwang: Krankenhausschließung gegen Bürgerwille
Erklärtes Ziel aller Bundesregierungen und in der Folge auch der Bundesländer ist es, kleinere Krankenhäuser vom Markt zu nehmen und Krankenhäuser zu zentralisieren. Darüber hinaus wurde im Laufe der Jahre Zugang für privater Investoren in den Krankenhausmarkt erheblich erleichtert. Somit geraten die vor allem in öffentliche Hand befindlichen Krankenhäuser zunehmend in die Hand finanzmächtiger Investoren. Vor allem kleinere Kommunen ist es so gut wie unmöglich, die bewusst herbeigeführten strukturellen Defizite auffangen. Bürgerproteste konnten in vielen Kommunen auf die Kommunalpolitik und Klinikchefs vor Ort umgelenkt werden . Ihnen warf man in Unkenntnis gesundheitspolitischer Rahmenbedingungen bisweilen vor, bei der Rettung ihrer Krankenhäuser doch nur kommunale Steuergelder zu verschwenden.
Gleichzeitig konnten auch die Bundesländer ihrer Verpflichtung nicht nachkommen, erforderliche Investitionen für bestehende Krankenhäuser aufzubringen. Dies führte dazu, dass Krankenhäuser genötigt wurden, unverzichtbare Investitionen aus laufenden Einnahmen abzuzweigen – oder – früher oder später als „veraltetes Krankenhaus“ einen weiteren Grund für dessen Schließung zu „liefern“.
Ökonomischer Großangriff auf ”Tante Emma Krankenhäuser”
Vor allem in Deutschland besteht eine gesellschaftliche Übereinkunft, nach der die Gesundheitsversorgung eine Aufgabe der kommunalen Daseinsvorsorge zu sein hat. Als solche, dürfe sie nicht den Marktgesetzen unterliegen. Bereits in den 2000er Jahren wurden kommunale Krankenhäuser in privates GmbH-Recht überführt. Als solche wurden sie automatisch zu Teilnehmern im Gesundheitsmarkt. Dort, wo sich diese Häuser mehr der Daseinsvorsorge verpflichtet fühlten und Marktgesetze tendenziell ignorierten, gerieten sie – wie vorgesehen – mehr oder weniger „von alleine“ in ökonomische Schräglage.
Nach der in Deutschland gültigen Gesetzeslage, ist es deshalb unerheblich sind kommunale Krankenhäuser in gleicher Weise Marktteilnehmer, wie private Betreiber, da das geltende Wirtschaftsrecht für kommunale Unternehmen keine Sonderrechte vorsieht. Umgekehrt stehen auch privaten Betreibern Fördermittel aus öffentlichen Kassen zu.
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