Aurich (okj) – Am vergangenen Freitag (04.08.17) veröffentlichte die in Aurich erscheinende Tageszeitung ”Ostfriesische Nachrichten” einen Leserbrief des früheren UEK-Chefarztes Dr. Hans-Jörg Klotter.
In diesem ging Klotter mit ”den Laien” scharf ins Gericht, die im Rahmen eines Bürgerentscheids das geplante Vorhaben ”Zentralklinik” stoppten.
Für mehr als 250 Mio. Euro sollte diese auf der Grünen Wiese errichtet und die bestehenden Krankenhäuser in Norden, Aurich und Emden geschlossen werden.
Unter der Überschrift: ”Jetzt ist der linke Stadtrat aus dem Traum erwacht”, bezog sich Klotter vor allem auf das Auricher Ratsmitglied Hendrik Siebolds. OKJ veröffentlicht im Wortlaut eine persönliche Antwort des Ratsherrn.
Non est mea culpa
Persönliche Antwort auf den Leserbrief von Dr. Hans-Jörg Klotter
Ostfriesische Nachrichten vom 4. August 2017
von Hendrik Siebolds
Weil ich medizinischer Laie bin, spricht Dr. Klotter mir wiederholt die Fähigkeit und Legitimation ab, als Bürger über die Zentralklinik abzustimmen. Und damit spricht er auch gleich allen rd. 240.000 wahlberechtigten Bürgern der beiden Bürgerentscheide, die keine Mediziner sind, diese Entscheidung ab. Aber warum hatte Dr. Klotter dann als führendes, stimmgewaltiges Mitglied der Bürgerinitiative „pro-Zentralklinik“ ein eigenes Bürgerbegehren für die Zentralklinik angestrebt und beworben?
Er selbst wollte also den Bürgern, den „Laien“, die Entscheidung über die Krankenhausversorgung anvertrauen. Dieser Widerspruch offenbart die ganze Scheinheiligkeit von Dr. Klotters Engagement für einen Bürgerentscheid. Sein Einsatz war unaufrichtig, im Gegenteil, er wollte dieses Recht der Bürger nur instrumentalisieren, um das ursprüngliche Bürgerbegehren zu behindern. Jetzt wo sein Werben für die Zentralklinik gescheitert ist, sucht er nach Schuldigen.
Schuldzuweisung an die Bürger ?
Am Aus der angeblich so heilsbringenden Zentralklinik sollen nun ich, das Aktionsbündnis für den Erhalt der Krankenhäuser oder gar die Emder Bürger schuldig sein. Dr. Klotter meint, statt eigener Meinung hätten wir Bürger doch besser auf die Aussagen der Fachleute, Politiker und mancher Ärzte für die Zentralklinik vertrauen sollen. Doch viele von denen hatten doch die Krise unserer Krankenhäuser mit verursacht oder zum Niedergang geschwiegen.
Wo war denn der jahrelange Chef-Arzt Dr. Klotter, als die Ubbo-Emmius-Klinik (UEK) hier über 15 Jahre in die Krise rutschte. Wo war seine laute Stimme für mehr Investitionen in die Bausubstanz? Warum hat er nicht die politischen Entscheidungsträger und die Öffentlichkeit auf die Probleme hingewiesen? Dr. Klotter hatte mir selbst von den Missständen erzählt.
Was aber tat er dagegen? Wer hat denn hier die Augen oder den Mund angesichts der wachsenden UEK-Defizite verschlossen, Dr. Klotter? Er sucht die Schuldigen des heutigen Scherbenhaufens bei den Opfern einer verfehlten Krankenhauspolitik, nicht etwa bei den Tätern und wirklich Verantwortlichen. Warum klagt Dr. Klotter nicht die Krankenhaus-Geschäftsführung, die ärztliche Leitung, den Landrat oder Kreistag als Träger der Kliniken an?
Patient zum ökonomischen Faktor degradiert ?
Glaubt Dr. Klotter, all diese wären schuldlos und die Krise der Krankenhäuser beruhe nur auf der alten Gebäudesubstanz oder dem nachteiligen Abrechnungssystem? Falls ja, wo war dann Dr. Klotters Widerspruch, als das üble Fallpauschalensystem eingeführt wurde; als die Investitionszuschüsse für Krankenhäuser um 25 % gekürzt wurden; als der Patient zum ökonomischen Faktor degradiert wurde und die politisch verordnete „Wirtschaftlichkeit“ der Gesundheitsversorgung über die medizinische Ethik und die individuellen Bedürfnisse der Patienten gestellt wurden? Was haben Dr. Klotter und viele andere führende Ärzte und Ärzteverbände dagegen getan? Ganz offensichtlich nichts oder viel Zuwenig, denn sonst wäre es nicht so schlimm gekommen.
Bürger ”wagen” sich gegen falsche Politik zu wehren
Am 11. Juni hatten die Laien, Bürger und Patienten es gewagt sich gegen dieses Kaputt-Sparen zu stellen. Es war keine „krachende“ Niederlage der Zentralklinik-Gegner, auch nicht im LK Aurich. Nur wenige Prozente Unterschied zeigen, dass die Bevölkerung gespalten wurde. Auch durch die dumme, populistische Kampagne von Dr. Klotter und Co, mit der die Land- gegen die Stadtbevölkerung ausgespielt wurde.
Trotzdem scheiterte das Projekt Zentralklinik. Jetzt fallen einige großkopferte Politiker und Ärzte aus ihrem Elfenbeinturm bzw. aus ihrem Luftschloss Zentralklinik und schlagen auf den Boden der demokratischen Realität auf. Wer hat denn hier nun wirklich geträumt Herr Dr. Klotter?
Tja Herr Doktor, ihre ärztlichen Fähigkeiten habe ich mal sehr geschätzt, als Politiker haben sie leider versagt. Aber macht nichts, da sind sie ja nur Laie.
Auch Götter in Weiß bauen eben manchmal Scheiß. Und falls Sie mal wieder beim Schlucken von Bürgerentscheiden einen akuten dicken Hals bekommen, dann rate ich zu strikter Renten-Ruhe, viel Schlaf und Schonung der Stimme.
Gute Besserung,
ihr alter Patient
Hendrik Siebolds
Quellen und Leseempfehlungen
Leserbrief von Dr. Hans-Jörg Klotter
– veröffentlicht 4. August 2017 – Ostfriesische Nachrichten – Seite 5
Beachten Sie bitte auch Leserbrief von Kalle Altmann (Aurich) in der heutigen (08.08.) gedruckten Ausgabe der Ostfriesischen Nachrichten – Seite 5.
Aus dem Archiv: OKJ-Interview mit Hendrik Siebolds 22. April 2015: Nicht alles widerstandslos hinnehmen.
Video-Statement Hendrik Siebolds vom 8. August 2016
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