okj-Kommentar
von Jürgen Wieckmann
”Landrat Weber bricht Lanze für OP-Bereitschaft in Norden”. So titelte am heutigen Donnerstag (14.7.) die in Norden erscheinende Tageszeitung ”Ostfriesischer Kurier”. Vorausgegangen war eine Pressekonferenz mit Zentralklinik-Macher Claus Eppmann und dem UEK-Pflegedirektor Jürgen Scholla. Diesem hatte man offensichtlich die heiße Kartoffel zugewiesen, die Öffentlichkeit über Planungen zu informieren, nach denen die OP-Bereitschaft in Norden abgeschafft werden soll.
In Reihen des Aktionsbündnisses Norden rieb man sich verwundert die Augen. Für gewöhnlich wird auf solchen Pressekonferenzen gesteigerter Wert auf Zuständigkeiten gelegt. Warum der Pflegechef die ”bad news” zu verkünden hatte, gab Rätsel auf. Ohne den Segen seiner Vorgesetzten, dürfte Scholla diese Überlegungen mit Sicherheit nicht aus persönlicher Geschwätzigkeit heraus ausplaudert haben. Soviel Professionalität darf man unterstellen.
Formal wäre es eher der Job des höchst dynamisch agierenden Zentralklinik-Verkäufers Claus Eppmann gewesen. Schließlich weiß auch Eppmann, das man am Tage X nicht drei defizitäre Krankenhäuser auf einer Grünen Wiese übereinanderstapeln und darauf hoffen kann, das die Welt von allein eine bessere wird. Wer eine Zentralklinik will, muss heute hier und jetzt schon mal damit beginnen, die bestehenden Häuser zu schleifen.
Das muss im Eiltempo geschehen, denn im Hintergrund droht ein Bürgerentscheid, der all diese Planungen zunichte machen kann. Hier hilft nur noch, einen Bürgerentscheid so lange wie es überhaupt geht hinauszuzögern – und derweil Fakten zu schaffen. Eine einfache Strategie, die sich auch bei anderen Themen in anderen Regionen schon mehrfach bewährt hat.
Weber: Schließung der OP-Bereitschaft Norden derzeit kein Thema
Das Landrat Harm-Uwe Weber (SPD) aus dem Urlaub heraus, seinen UEK-Pflegechef öffentlich zurückpfeift, mag für die Norder Bürger zunächst eine gute Nachricht sein. Ob es klug ist, UEK-Führungskräfte, zu denen Scholla zweifelsfrei gehört, öffentlich ”dumm aussehen” zu lassen, steht auf einem anderen Blatt. Was Scholla zu verkünden hatte, entspricht schließlich den Tatsachen.
Hierzu braucht man nur die Erklärungen des Landrats genau zu lesen. Er, Weber, werde einen Schließungsbeschluss nicht forcieren. ”Derzeit” sehe er keine ”dringende Notwendigkeit, konkrete Gedanken über die Aufgabe der OP-Bereitschaft an der Klinik in Norden nachzuhängen”.
Derzeit !
Und: ”in jüngster Vergangenheit” habe dieses Thema nicht auf der Tagesordnung der Entscheidungsgremien gestanden.
Das stimmt !
Wahlkampf lässt grüßen
Webers mediale Schnell-Intervention aus dem Urlaub dürfte einen schlichten Grund haben. 2012 war das Thema Schließung der OP-Bereitschaft in Norden schon mal auf der Tagesordnung und sorgte dafür, das über 700 Norder Bürger den Kreistag stürmten. Das muss der Landrat kurz vor der Kommunalwahl natürlich verhindern – und wer sollte ihm das verübeln.
Schließlich mußte er auch seiner Norder SPD unverzüglich eine Klinik-Packung Beruhigungspillen schicken. Diese fand die Idee mit der Schließung der OP-Bereitschaft auch nicht sonderlich gut. Dunkel erinnerte man sich daran, dass die Norder SPD 2012 ”voll dabei war”, als es darum ging, das Norder Krankenhaus zu beschützen.
So mag UEK-Pflegechef Jürgen Scholla das erste Opfer eher mal wahlkampftaktischer Motive sein. Bleibt zu hoffen, dass es in den nächsten Wochen nicht noch mehr werden – und vor allem nicht die Bürger. In Wahlkampfzeiten wird bekanntlich nicht unbedingt gelogen, doch die Wahrheiten meist so verpackt, dass der potentielle Unmut auch ohne Hilfe von Anästhesisten schmerzfrei bleibt und notfalls auch zureichend sediert wird.
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