Norden/Aurich (okj) ‑Das Aktionsbündnis Klinikerhalt erwartet, dass die weitreichende Entscheidung über den Konsortialvertrag zwischen der Zentralklinik mbH, dem Landkreis Aurich, der Stadt Emden und den Kliniken in Emden und Aurich dem neu gewählten Kreistag vorbehalten bleibt. Das verlange der Respekt vor den Wählern, betonte Margitta Schweers vom Aktionsbündnis in Norden.
Landrat Harm-Uwe Weber (SPD) hatte angekündigt, dass der noch amtierende Kreistag zeitgleich mit dem Emder Rat das Vertragswerk am 29. September 2016 verabschieden soll. Die Legislatur beider Organe endet erst am 31. Oktober. Laut Weber soll der alte Kreistag darüber abstimmen können, da dieser das Entscheidungsverfahren zur Zentralklinik von Anfang an begleitet hat.
Das letzte Wort haben die Wähler
Welche Mehrheitsverhältnisse nach der Kommunalwahl am 11. September den neuen Kreistag bestimmen werden, könne derzeit niemand voraussagen, betonte Schweers. Das letzte Wort hätten die Wähler – als eigentlicher Souverän. Hier werde offensichtlich der Versuch unternommen, das Projekt Zentralklinik mit den noch sicheren Mehrheiten durchzubringen. Man erwarte vom alten Kreistag noch soviel politischen Respekt vor den Nachfolgern, dass die Entscheidung vertagt und dem neu gewählten Kreistag zur Abstimmung vorgelegt werden kann.
Darüber hinaus umfasse der Konsortialvertrag nach Information des Aktionsbündnisses über 50 Seiten und stelle ein komplexes juristisches Werk zwischen Gesellschafts- und Kommunalrecht dar. Dem Vernehmen nach sollen die Abgeordneten das Vertragswerk erst sieben Tage vor der Abstimmung ausgehändigt bekommen.
Komplexes juristisches Vertragswerk
Ein derart komplexer Vertrag, der seit Ende 2015 durch die Rechtsberatung der BDO-Legal im Hintergrund erarbeitet worden ist, müsse von den gewählten Abgeordneten genauestens geprüft werden können. Das sei selbst für Fachjuristen des Kommunalrechts in seriöser Weise kaum leistbar. Bislang sei nach Informationen des Aktionbündnis einem ausgewählten Kreis von Abgeordneten lediglich eine 15seitige Power-Point-Präsentation vorgeführt worden. Als Entscheidungsgrundlage sei dies vollkommen unbrauchbar. In solch juristisch anspruchsvollen Vertragswerken stehe das Entscheidende meist „zwischen den Zeilen“ oder im „Kleingedruckten“.
Darf Weber noch in diesem Monat unterschreiben?
Sobald die beiden Hauptverwaltungsbeamten Weber und Bornemann als Gesellschafter des Vorhabenträgers Zentralklinik durch die obersten politischen Organe beider Kommunen berechtigt werden, den Vertrag zu unterzeichnen, unterliegen weiteren Schritte im Außenverhältnis dem allgemeinen Gesellschaftsrecht. Die formalen Mitwirkungsrechte der kommunalen Gremien sollen bekanntlich erheblich reduziert werden.
Die Ankündigung von Zentralklinik-Sprecher Claus Eppmann, der am liebsten keine Politiker im Aufsichtsrat der Zentralklinik hätte, sollte man ernst nehmen. Schweers: „Der Mann meint was er sagt“. Laut Eppmann sei es früher so gewesen, dass die Großen die Kleinen schlucken. Heute schlucken die Schnellen die Langsamen. Wie man das macht, führe Eppmann gerade auf recht professionelle Weise vor.
Hoffnung auf kritischeren neuen Kreistag
Allen in Wahlkampfzeiten erklärten Bekundungen, man wolle die Bürger bei den Entscheidungen mit einbeziehen und befürworte ein Bürgerbegehren, würden bereits jetzt durch solche vorgezogenen Terminierungen auf parlamentarischer Ebene ausgehebelt. Man sei offensichtlich nicht einmal bereit, eine solch bedeutsame Entscheidungen zum Konsortialvertrag jenem Kreistag zu überlassen, den die Bürger am kommenden Sonntag neu wählen werden.
Offensichtlich fürchte Landrat Harm-Uwe Weber, künftig mit einem Kreistag zu tun zu haben, der nicht alles mehr oder weniger kritiklos abnickt. Kommunalpolitiker aller politischen Parteien sollten sich langsam fragen, warum selbst Befürworter der Planungen diesen politischen Stil „von oben herab“ kritisch einordnen.
Warten auf die zweite Machbarkeitsstudie
Schweers erinnerte daran, das Landrat Harm-Uwe Weber am 18.3.2015 dem Kreistag versichert habe, dass der damals zur Abstimmung gestellte Trägerschaftsvertrag Zentralklinik vor allem dazu diene, eine rechtliche Grundlage zu schaffen, um für das Projekt Zentralklinik überhaupt Fördergelder in Niedersachsen einwerben zu können. Inzwischen beschäftige man ein Geschäftsführer und plane die bestehenden Kliniken der Trägergesellschaft zuzuführen. Kreistag und Bürger seien letztlich auf die Rolle von Zuschauern reduziert worden.
Bis heute warten die Abgeordneten des Kreistages auf die angekündigte Machbarkeitsstudie II, auf deren Basis weitere Entscheidungen für oder gegen das Vorhaben erfolgen sollten. Das Aktionsbündnis hoffe derzeit, dass die Bürger mit dazu beitragen, das der künftige Kreistag als „Parlament der Bürger“ in Zukunft seiner eigentlichen Funktion gerecht wird. Der Kreistag habe als oberstes politisches Organ des Landkreises schließlich eine Kontrollfunktion und darin auch die Aufgabe, unabhängig vom Parteibuch die Vorhaben einer Verwaltung kritisch zu begleiten
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