Ostfriesisches Klinik Journal

Für den Erhalt wohnortnaher Krankenhäuser

Zentralklinik-Bau wird teurer als geplant

on-zeitungAurich (on(okj) – Einen Tag vor der Ver­ab­schie­dung des soge­nann­ten Kon­sor­ti­al­ver­tra­ges wird ein­ge­räumt, dass die geplan­te Zen­tral­kli­nik in Georgs­heil teu­rer wer­den wird, als geplant. Wie die in Aurich erschei­nen­de Tages­zei­tung „Ost­frie­si­sche Nach­rich­ten“ (ON) am heu­ti­gen Mitt­woch (28.09.) berich­tet, sol­len die Mehr­aus­ga­ben fünf Pro­zent nicht über­stei­gen. Damit läge die Kos­ten-Ober­gren­ze bei nun­mehr 262,5 Mil­lio­nen Euro. Der CDU-Frak­ti­ons­vor­sit­zen­de im Auricher Kreis­tag, Hil­ko Ger­des, hat­te zunächst eine Ober­gren­ze von 10 Pro­zent ein­räu­men wol­len.

Preissteigerungen natürlich nicht ausschließbar

In einer Mach­bar­keits­stu­die der Bera­ter­fir­ma BDO im Juli 2014 wur­den die geschätz­ten Bau­kos­ten zunächst mit 180 Mio. ange­ge­ben. Dabei wur­den Bau­preis­stei­ge­run­gen von 2,5 Pro­zent bis zum Jahr 2017 ein­ge­rech­net. Die Stu­die, die als Ent­schei­dungs­grund­la­ge den Abge­ord­ne­ten des Auricher preissteigerungKreis­ta­ges und dem Emder Rat vor­ge­legt wur­de, war aller­dings schon nach kur­zer Zeit über­holt. Nur weni­ge Mona­te nach der Ver­öf­fent­li­chung, wur­de auch offi­zi­ell von 250 Mio. Euro gespro­chen.

Nicht ein­ge­rech­net sind wei­te­re Kos­ten, die durch die Erschlie­ßung des Stand­or­tes in Georgs­heil anfal­len wer­den. Die­se soge­nann­ten Infra­struk­tur­kos­ten, zu denen die Ver­kehrs­an­bin­dung gehört, mög­li­cher­wei­se erfor­der­li­che Inves­ti­tio­nen in eine zu moder­ni­sie­ren­de Klär­an­la­ge oder auch die Neu­auf­stel­lung der ört­li­chen Feu­er­wehr wer­den nicht vom Land Nie­der­sach­sen geför­dert.

Die­se und ande­ren Inves­ti­tio­nen müs­sen aus Haus­halts­mit­teln des Land­krei­ses bestrit­ten wer­den. In wel­cher Grö­ßen­ord­nung die­se Aus­ga­ben lie­gen wer­den, lässt sich der­zeit nicht bestim­men.

Zentralklinik: nach heutigem Kenntnisstand überwiegend tragfähig

seite_17_schuettDie BDO hat­te ent­spre­chend ihres poli­ti­schen Auf­tra­ges in der Mach­bar­keits­stu­die vor­ge­rech­net, dass bei Erhalt der drei Kran­ken­haus­stand­or­te zwi­schen 2014 und 2019 jähr­lich 16,39 Mio. Euro für Inves­ti­tio­nen und Bau­maß­nah­men erfor­der­lich sei­en. Der Inves­ti­ti­ons­stau betra­ge für alle drei Kran­ken­häu­ser 98,36 Mio. Euro. Äußerst zurück­hal­tend schrie­ben die Gut­ach­ter damals, dass dem­ge­gen­über die Trag­fä­hig­keit des Kon­zep­tes Zen­tral­kran­ken­haus „nach heu­ti­gem Kennt­nis­stand über­wie­gend wahr­schein­lich“ sei. Das Pro­jekt ber­ge aller­dings eini­ge Risi­ken.

UEK: Niveau einer Sanitätsbaracke von 1916 ?

Wahrscheinlich in PradlNoch im im Jahr 2015 ver­öf­fent­lich­te der Land­kreis in sei­ner Wer­be­bro­schü­re „Der Wirt­schafts­stand­ort“ – „Busi­ness loca­ti­on Aurich“ – über die Ubbo-Emmi­us-Kli­ni­ken: „Als moder­nes und leis­tungs­star­kes Kran­ken­haus an den Stand­or­ten Aurich und Nor­den bie­tet die UEK die sta­tio­nä­re Behand­lung ent­spre­chend den neu­es­ten medi­zi­ni­schen und pfle­ge­ri­schen Erkennt­nis­sen. An bei­den Kli­nik­stand­or­ten sor­gen jeweils ein Fach­ärz­te- und ein medi­zi­ni­sches Ver­sor­gungs­zen­trum für eine enge Ver­zah­nung zwi­schen ambu­lan­ter und sta­tio­nä­rer Ver­sor­gung.

Seit die Poli­tik eine Zen­tral­kli­nik gegen die Bür­ger durch­set­zen will, habe man bis­wei­len den Ein­druck, die bestehen Häu­ser wür­den auf das Niveau einer Sani­täts­ba­ra­cke von 1916 her­un­ter­ge­re­det, so ein Leser­brief-Schrei­ber am 27. Sep­tem­ber in den Ost­frie­si­schen Nach­rich­ten (Sei­te 3).

Wurde das Krankenhaus absichtlich ruiniert?

Bereits im Jahr 2011 zeich­ne­te sich ab, dass durch die auf Bun­des­ebe­ne ver­än­der­ten gesund­heits­po­li­ti­schen Rah­men­be­din­gun­gen die Kran­ken­häu­ser im Land­kreis in öko­no­mi­sche Schräg­la­ge gera­ten. Nach Ein­schät­zung der dama­li­gen Geschäfts­füh­rung gäbe es des­halb nur die Mög­lich­keit, „bes­ser und genau­er“ zu spa­ren – bis hin zum „Kaputt­spa­ren“ oder den kom­mu­na­len 1831965359-20131003-110423340-1-46a7Betrieb der Kran­ken­häu­ser auf­zu­ge­ben. Eine Rosi­nen­pi­cke­rei, wie oft­mals von Pri­vat­kli­ni­ken prak­ti­ziert, kön­ne man sich nicht leis­ten.

Bereits im Jahr 2004 wur­den bun­des­weit die neu­en Rah­men­be­din­gun­gen ver­ab­schie­det, wobei den Kran­ken­häu­sern eine Über­gangs­frist von fünf Jah­ren ein­ge­räumt wur­de. Im Gegen­satz zu den benach­bar­ten Land­krei­sen Leer und Witt­mund, die sich bereits 2004 auf die­se neu­en Bedin­gun­gen lang­sam ein­stell­ten, habe man im Land­kreis Aurich wohl nach der Devi­se agiert, lang­fris­tig den Betrieb der Kran­ken­häu­ser pri­va­ten Betrei­bern zu über­las­sen, heißt es in Krei­sen des Akti­ons­bünd­nis­ses. Mög­lich sei aller­dings auch die Vor­stel­lung, Kran­ken­häu­ser an die Wand zu fah­ren, um (mit Glück) anschlie­ßend ein neu­es zu bekom­men.

Eine Wahl zwischen Pest und Cholera

Im März 2013 schrieb der ON-Redak­teu­er Wolf­gang Wit­te in einem Bericht, dass der Land­kreis, der die Inter­es­sen der Bür­ger als Eigen­tü­mer der Kli­nik zu ver­tre­ten hat, nur noch die Wahl zwi­schen Pest pest_choleraund Cole­ra habe. Grund sei das Ver­sa­gen von Poli­tik und Geschäfts­füh­rung, der es nicht gelang, die guten Jah­re nicht nut­zen, um sich von sei­ner drü­cken­den Schul­den­last zu befrei­en.

Vor die­sem Hin­ter­grund könn­ten sich die Auf­sichts­rats­mit­glie­der nur dafür ent­schei­den, die Häu­ser in Aurich und Nor­den zu Not­auf­nah­men für die umlie­gen­den Kran­ken­häu­ser schrump­fen zu las­sen. Auch das kos­te vie­le Mil­lio­nen. Über tau­send Mit­ar­bei­ter müss­ten ent­las­sen wer­den, die medi­zi­ni­sche Ver­sor­gung der Bevöl­ke­rung wer­de sich ver­schlech­ter­ter. Ver­mut­lich wären auch zwei Not­auf­nah­men dau­er­haft nicht wirt­schaft­lich zu füh­ren, so Wit­te damals.

Kritik unerwünscht – Proteste platt machen

Eine ande­re Lösung wäre, dass der Auf­sichts­rat die UEK an einen pri­va­ten Kli­nik­be­trei­ber ver­kauft. Im Gegen­satz zu den Kos­ten für den Schrump­fungs­pro­zess sei­en die Kos­ten für die Pri­va­ti­sie­rung rela­tiv gut abzu­schät­zen. Sie lie­gen nach Aus­kunft der UEK-Geschäfts­füh­rung bei rund 60 Mil­lio­nen Euro. Wür­de die UEK vor dem Ver­kauf in ihre Immo­bi­li­en inves­tie­ren, wür­de sich die­se maulkorb„Ver­kaufs­mit­gift“ ver­rin­gern.

Die­se und ande­re Ana­ly­sen des ON-Redak­teurs hat­te zu erheb­li­chen Unmut auf den UEK-Geschäfts­füh­rung und den SPD-Füh­rungs­ge­nos­sen im Land­kreis geführt. Der SPD-Frak­ti­ons­vor­sit­zen­de Jochen Beek­huis for­der­te Land­rat Harm-Uwe Weber auf, die­se Bericht­erstat­tung zu unter­bin­den. Weber hat­te dar­auf­hin bei der ON-Chef­re­dak­ti­on in Aurich inter­ve­niert, mit der Auf­for­de­rung, den unlieb­sa­men Redak­teur vom „ope­ra­ti­ven Geschäft“ ent­fer­nen zu las­sen. Der Vor­gang rief spä­ter Jour­na­lis­ten-Ver­bän­de auf den Plan, die die­sen Ver­such der poli­ti­schen Ein­fluss­nah­me als Ein­griff in die Pres­se­frei­heit wer­te­ten.


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