Gegensätzliche Auffassungen zum Projekt „Zentralklinik“.
Argumente der Trägergesellschaft Zentralklinik (Z) und des Aktionsbündnisses (A)
1. Kostenkalkulation
Z: ca. 250 Mill. € (gedeckelt) plus Erschließung und Infrastruktur ca. 15. Mill. €.
A: Zweifel an der Verlässlichkeit der Kalkulation:
- Die Höhe der Landeszuschüsse für die Zentralklinik ist ungewiss.
- Es liegen keine vertraglich gesicherten bzw. schriftliche Verträge vor.
- Es gibt noch keinen Architektenentwurf mit einer Kostenkalkulation.
- Es bestehen Unklarheit über die Besitzverhältnisse der Baugrundstücke (öffentliche Hand oder Privatbesitz?)
- Prognose für Preisanstieg und Zinsentwicklung in 10 Jahren ist fragwürdig.
- Privatisierung einzelner Bauabschnitte wie in Aurich? (Parkplätze)
Fragen zur Finanzierung von begleitenden Baumaßnahmen, die nicht in der Planungskompetenz der Trägergesellschaft Zentralklinik liegen:
- Welche Kosten entstehen der Gemeinde Südbrookmerland durch die notwendig werdenden Infrastrukturmaßnahmen?
- Wer garantiert den Ausbau der Verkehrsanbindungen? Basieren sie auf
Annahmen? Eine Verbesserung des ÖPNV für ganz Ostfriesland ist notwendig.
Eine Kostenermittlung und die Lizenzvergabe an Busunternehmer liegen nicht vor. Planungszeiten und Kosten für den Ausbau der Bundesstraßen, der Bahnübergänge sowie dem Autobahnanschluss sind nicht kalkuliert oder beschlossen und gehören in den Kompetenzbereich des Landes Niedersachsen oder des Bundes und nicht der Trägergesellschaft Zentralklinik, die darüber aber verlässliche Prognosen zu machen wagt.
2. Rentabilität
Z: Eine Zentralklinik in Georgsheil ist rentabel zu führen und kann sogar Gewinne
erwirtschaften.
A: Zweifel an der Rentabilitätsprognose:
- Eine Zentralklinik arbeitet nach einem Wirtschaftsplan, der auf verlässlichen Zahlen beruht, wie z.B. für den Aufwand für Personal- und Sachkosten etc. Die
Fallzahlen der zu behandelnden Patienten dagegen sind Annahmen. Deshalb be-
ruhen die aus den Fallzahlen zu erwirtschaftenden Einnahmen auf fiktiven
Größen. Bei Unterschreitung drohen Defizite.
- Mit der neuen Zentralklinik in Georgsheil verlängern sich die Anfahrtswege
für die Patienten aus den Randbereichen des Landkreises z.B. aus Großefehn,
Wiesmoor und Middels. Es ist nicht verlässlich vorhersehbar, ob diese Patienten
wie bisher das Krankenhaus in Aurich wählen oder ob sie abwandern werden.
Damit sind die Prognosen für eine Wirtschaftlichkeitsberechnung obsolet.
3. Arbeitsplätze
Z: Garantie von ca. 850 Arbeitsplätzen in der Zentralklinik in Verbindung mit dem
Abbau von ca. 500 Stellen an den drei bisherigen Standorten.
A: – Zweifel an einer verlässlichen Arbeitsplatzgarantie für Verträge deren
Arbeitsplätze erst in 10 Jahren fertiggestellt werden. Tarife und
Arbeitsplatzbedingungen sind fiktiv.
- Unsachliche Alternativszenarien beim Scheitern des Zentralklinik Projektes.
(Gehaltskürzungen oder Kündigungen bei evtl. Privatisierung) verunsichern die
Mitarbeiter.
-Verlängerung der Arbeitszeiten durch längere Anfahrtswege.
-Notfallbereitschaft für Ärzte (15 Minuten) stellt ungelöste Fragen der
Realisierung.
4. Wohnortnahe Gesundheitsversorgung
Z: „Der Patient muss innerhalb von 15 Minuten vom Rettungswagen bzw. vom Notarzt
erreicht werden können.“
A: – Nur mit Martinshorn und Blaulicht erfüllen die Rettungseinsätze die Zeitvorgaben.
- Krankenhausmitarbeiter, Patienten und Besucher haben gegenüber den alten
Krankenhausstandorten z.T. erheblich längere Anfahrtswege und verursachen
mehr Verkehr und Emissionen auf den Fahrten nach Georgsheil als bisher.
-Die Ballungsräume in Aurich, Emden und Norden verlieren an Qualität in
der Gesundheitsversorgung durch den Verlust einer wohnortnahen
Krankenhausversorgung. Ein Interessenkonflikt zwischen der Landbevölkerung
in Südbrookmerland gegenüber den Städten Aurich, Emden und Norden entsteht.
5. Notfallversorgung
Z: „Für die Notfallversorgung liegt ein Konzept vor!“
Es sieht eine 24 stündige Notfallversorgung durch die
niedergelassenen Hausärzte vor.
A: – Kann die „Trägergesellschaft Zentralklinik“ Verträge mit den Krankenkassen
über den Notfalleinsatz von Hausärzten abschließen?
-Schon jetzt sind viele Hausärzte mit den alltäglichen Belastungen überfordert.
Dieses Modell findet kein Vertrauen in der Bevölkerung. Benachteiligt sind mittellose und hilflose Patienten.
6. Kommerzielle Interessen. IHK wirbt für die Zentralklinik.
Z: Die Trägergesellschaft Zentralklinik fördert die Interessen der IHK durch
deren Beteiligung an der Wahlkampagne gegen das Bürgerbegehren.
A: Werbung für den Bau einer Zentralklinik durch die IHK, die eine Stärkung
der „Region“ versprechen, blenden die wirtschaftlichen Nachteile für die Städte
Aurich, Emden und Norden aus. Die Städte verlieren an Attraktivität bei der
Wohnort- und Arbeitsplatzwahl von zuzugswilligen Bürgern. Diese prüfen das
Vorhandensein von sozialen, kulturellen und medizinischen Einrichtungen vor
einem Umzug.
7. Die Rolle der Politik in der Frage der Zentralklinik
Z: Der Auftrag zur Gründung einer „Trägergesellschaft Zentralklinik“ ist vom
Stadtrat der kreisfreien Stadt Emden und dem Kreistag des Landkreises Aurich
erteilt worden. Ihr Auftrag ist die Erstellung der Planungsgrundlagen (Kosten)
für den Bau einer Zentralklinik in Georgsheil. Der Trägergesellschaft stehen zwei
Geschäftsführer vor, die über ein Planungsbudget von 15 Mill. € verfügen. Davon
werden 220.000 € an Werbekosten eingesetzt.
A: Das Aktionsbündnis fordert die Änderung des politischen Auftrages durch einen
Bürgerentscheid. Die UEK in Aurich und Norden sowie das Hans-Susemihl
Krankenhaus in Emden sollen erhalten, saniert und im Verbund geführt werden.
In der Kampagne der „Trägergesellschaft Zentralklinik“ greifen in der Mehr-
zahl SPD-Politiker zu Gunsten der Zentralklinik ein. Die Wahlaussage:
„Stimmen Sie mit Nein zum Bürgerbegehren“ stellt die Politik vor den Wider-
spruch, sich gegen den Bürgerwillen zu stellen, der eine wohnortnahe
Gesundheitsversorgung fordert.
Der Vorsitzende der SPD Kreistagsfraktion Jochen Beekhuis ruft in einem Rund-
schreiben alle SPD-Mitglieder zur Unterstützung der Zentralklinikkampagne auf.
Der Landrat sieht den Einsatz von 220.000 € an Werbungskosten für die
Zentralklinik aus Steuermitteln als angemessen an und stellt die Summe gleich
mit dem Organisationsaufwand zur Durchführung des Bürgerbegehrens. Ein
unzulässiger Vergleich! Im Planungsbudget von 15 Mill. € sind 5 Mill. € Gelder aus dem Flüchtlingshilfefond enthalten!?
Eine Aufarbeitung der Versäumnisse und Fehler in der Vergangenheit, die zu den
Millionendefiziten geführt haben, unterbleibt. Diese Fragen fallen nicht in die
Kompetenz der Trägergesellschaft Zentralklinik und die Politiker des Land-
kreises sind daran nicht interessiert.
Zusammenstellung: Henning Wissel Stand: 07. Juni 2017
Comments are closed.