Ostfriesisches Klinik Journal

Für den Erhalt wohnortnaher Krankenhäuser

Droht erneute Abweisung des Bürgerbegehrens Zentralklinik ?

Aurich/Norden (okj) – SPD, CDU und Freie Wäh­ler im Auricher Kreis­tag haben vor den Fol­gen eines erfolg­rei­chen Bür­ger­be­geh­rens gewarnt. Wie die in Aurich erschei­nen­den Ost­frie­si­schen Nach­rich­ten in ihrer heu­ti­gen Aus­ga­be (15.3.) berich­ten, müss­ten nach Auf­fas­sung der UEK-Auf­sichts­rat­mit­glie­der Jochen Beek­huis (SPD), Udo Wei­la­ge (CDU) und Wil­helm Strö­mer (Freie Wäh­ler) ohne Zen­tral­kli­nik Abtei­lun­gen des UEK-Stand­or­tes Nor­den geschlos­sen wer­den. Die von den Zen­tral­kli­nik-Geg­nern ein­ge­for­der­te Umset­zung des soge­nann­ten Bre­de­horst-Gut­ach­tens wer­de zu einer ein­sei­ti­gen Bevor­zu­gung des Stand­or­tes Aurich „auf dem Rücken Nor­dens“ füh­ren.

Bredehorst CoverZiel des 2013 in Tei­len ver­öf­fent­lich­ten Gut­ach­tens war, die Stand­or­te in Aurich und Nor­den auf eine öko­no­misch ver­tret­ba­re Basis zu stel­len. Der rund zwei Mil­lio­nen Euro teu­re „Ret­tungs­plan“ schei­ter­te nach Wor­ten von Land­rat Harm-Uwe Weber (SPD) unter ande­rem an der „kreis­in­ter­nen Kon­kur­renz­si­tua­ti­on“ zwi­schen den bei­den Alt­krei­sen Nor­den und Aurich. Nach Wor­ten des ärzt­li­chen Direk­tors Dr. Egbert Held hät­ten aber auch Riva­li­tä­ten in der Ärz­te­schaft eine Rol­le gespielt.

Weber, der nach Ein­schät­zung etli­cher Kom­mu­nal­po­li­ti­ker auch aus den eige­nen Rei­hen als Haupt­ver­ant­wort­li­cher für das UEK-Fias­ko gilt, teil­te dem Akti­ons­bünd­nis mitt­ler­wei­le mit, dass beab­sich­tigt sei, das Bür­ger­be­geh­ren erneut abzu­wei­sen. In einem Schrei­ben vom 14. März, wel­ches der OKJ-Reak­ti­on vor­liegt, wirf Weber dem Akti­ons­bünd­nis Täu­schung der Bür­ger vor. Hier­bei sei die Gren­ze einer sach­lich noch ver­tret­ba­ren, poli­tisch unter Umstän­den ten­den­ziö­sen Dar­stel­lung des Anlie­gens über­schrit­ten.

Kostendeckungsvorschlag: Historisch überholt?

csm_2007-09-13-demokratie-baustelle-th-vb-564-400_8de609c560Erneut ver­lang­te Weber einen soge­nann­ten „Kos­ten­de­ckungs­vor­schlag“. Dar­in soll das Akti­ons­bünd­nis dar­le­gen, wie die bei­den Stand­or­te Aurich und Nor­den auf öko­no­misch ver­tret­ba­re Wei­se erhal­ten wer­den kön­nen. Der frü­he­re SPD-Frak­ti­ons­vor­sit­zen­de im Aurich Kreis­tag, Erwin Wen­zel, bezeich­ne­te die­se For­de­rung bereits vor einem Monat als „Macht­spiel der Ver­zö­ge­rung und Des­in­for­ma­ti­on“. In einem Leser­brief der Ost­frie­sen-Zei­tung (11.02) schrieb Wen­zel: „Wenn nicht ein­mal Weber seit Jah­ren auch mit Hil­fe von Wirt­schafts­prü­fern in der Lage ist, das UEK-Defi­zit ent­schei­dend zu redu­zie­ren, wie sol­len dann außen­ste­hen­de Lai­en eine plau­si­ble Rech­nung vor­le­gen kön­nen?“.

Bereits Anfang des Jah­res hat­te die nie­der­säch­si­sche Lan­des­re­gie­rung den Ent­wurf einer Novel­lie­rung des Nie­der­säch­si­schen Kom­mu­nal­ver­fas­sungs­ge­set­zes beschlos­sen. Der zur Zeit für die Ver­bands­an­hö­rung frei­ge­ge­be­ne Ent­wurf hat unter ande­rem zum Ziel Bür­ger­schaft­li­ches Enga­ge­ment zu för­dern. Wie die Nie­der­säch­si­sche Staats­kanz­lei auf ihrer Inter­net-Sei­te berich­tet, schei­tern vie­le Arroganz der MachtVer­fah­ren an die­ser Rechts­vor­schrift. Dem Bei­spiel ande­rer Län­der fol­gend, soll des­halb zukünf­tig auf den Kos­ten­de­ckungs­vor­schlag als Vor­aus­set­zung für die Zuläs­sig­keit eines Bür­ger­be­geh­rens ver­zich­tet wer­den.

Obwohl der Kos­ten­de­ckungs­vor­schlag noch gel­ten­des Recht ist, habe die Poli­tik anbe­tracht der Nove­lie­rungs die­ser Vor­ga­be selbst­ver­ständ­lich einen Ermes­sen­spiel­raum und kön­ne dem Bür­ger­be­geh­ren sehr wohl statt­ge­ben, heißt es aus Krei­sen des Akti­ons­bünd­nis­ses. Gesche­he dies nicht, dürf­te jeder Bür­ger selbst dar­über Urtei­len kön­nen, was von Wahl­ver­spre­chen diver­ser Par­tei­en zu hal­ten sei, die sich für mehr Bür­ger­be­tei­li­gung aus­spre­chen. CDU und SPD könn­ten sich ihre finan­zi­el­len Auf­wen­dun­gen für Wahl­re­kla­me spa­ren, soll­te es erfor­der­lich wer­den, das Votum der Bür­ger über den Kla­ge­weg vor Gericht durch­set­zen zu müs­sen.

Stimmungsmache mit ”teile und herrsche”

Teile und HerrscheVer­är­gert zeig­ten sich Mit­glie­der des Akti­ons­bünd­nis­ses in Nor­den zudem ber den erneu­ten Ver­such eini­ger Kom­mu­nal­po­li­ti­ker, Bür­ger in Aurich und Nor­den gegen­ein­an­der auf­zu­brin­gen. Die Dro­hung, bei erfolg­rei­chen Bür­ger­be­geh­ren im UEK-Stand­ort Nor­den Abtei­lun­gen schlie­ßen zu wol­len, ent­sprä­che jah­re­lan­gem agie­ren der SPD-geführ­ten Kom­mu­nal­po­li­tik, die die von Weber benann­te „kreis­in­ter­ne Kon­kur­renz­si­tua­ti­on“ selbst ver­ur­sa­che.

Schar­fe Kri­tik an den Plä­nen zur Zen­tral­kli­nik äußer­te auch der Auricher Fach­arzt Dr. Vol­ker See­mann in einem Leser­brief in den Ost­frie­si­schen Nach­rich­ten vom 12.3. Sei­ner Auf­fas­sung nach habe Weber nur noch die Zen­tral­kli­nik im Visier und brau­che sich des­halb um die der­zei­ti­ge regio­na­le Kran­ken­haus­po­li­tik nicht mehr küm­mern. Die vor­aus­sicht­li­chen finan­zi­el­len Mehr­be­las­tun­gen des Lan­des Nie­der­sach­sen (z. B. durch die Migra­ti­ons­si­tua­ti­on) und dro­hen­de kom­mu­na­le Min­der­ein­nah­men (VW Emden, Ener­con), las­sen es frag­lich erschei­nen ob das Pro­jekt Zen­tral­kli­nik über­haupt trag­bar ist. Ob Stutt­gar­ter Bahn­hof, Elb­phil­har­mo­nie oder Ber­li­ner Flug­ha­fen, wir Bür­ger wis­sen inzwi­schen, was wir von Kos­ten­über­schlags­rech­nun­gen von 240 Mil­lio­nen hal­ten sol­len, schreibt See­mann.

Am 17. März wird der Kreis­aus­schuss, nach dem Kreis­tag das obers­te Gre­mi­um des Land­krei­ses, über die Zuläs­sig­keit des Bür­ger­be­geh­res zu ent­schei­den haben. Soll­te der Kreis­aus­schuss die Bür­ger­be­tei­li­gung erneut ver­wei­gern wol­len, käme das einem ”demo­kra­ti­schen Armuts­zeug­nis” gleich, erklär­te Nor­dens Bür­ger­meis­te­rin Bar­ba­ra Schlag bereits in ihrer Neu­jahrs­an­spra­che.

”Geschichtlich überholt”: Webers lockerer Umgang mit einem bedeutsamen Vertrag

Nach Ein­schät­zung des Akti­ons­bünd­nis­ses, kön­ne der Kreis­tag – rein for­mal­ju­ris­tisch und demo­kra­ti­schen Spiel­re­geln fol­gend, gar nicht über eine Zen­tral­kli­nik ent­schei­den, so lan­ge der § 22 des 11.7.1977 geschlos­se­ne Gebiets­kör­per­schafts­ver­trag nicht zuvor von eben die­sem JWI G 3987Kreis­tag revi­diert wor­den ist. (Sie­he Aus­zug). In dem Ver­trag war fest­ge­legt wor­den, dass der Land­kreis Aurich die Kran­ke­häu­ser in Nor­den und Aurich ”Als Kran­ken­häu­ser der Regel­ver­sor­gung wei­ter zu betrei­ben und sie auf einem tech­nisch und medi­zi­nisch wünsch­ba­ren Stand” zu hal­ten habe. Dabei sei beson­ders dar­auf Bedacht zu neh­men, dass das Kreis­kran­ken­haus Nor­den neben der Bevöl­ke­rung des Ein­zugs­ge­bie­tes auch noch die gro­ße Zah­le der Feri­en­gäs­te zu ver­sor­gen  habe.

Im Rah­men einer Bür­ger­fra­ge­stun­de am 15. Dezem­ber vor dem Kreis­tag, hat­te der Her­aus­ge­ber des Ost­frie­si­schen-Kli­nik-Jour­nals, Jür­gen Wieck­mann, Land­rat Harm-Uwe Weber gefragt, ob der Kreis­tag die­se Ver­ein­ba­rung nach § 28 (Revi­si­ons­klau­sel) nicht zunächst mit der Mehr­heit sei­ner Mit­glie­der ändern müss­te. Land­rat Weber erläu­ter­te dazu, dass kei­ne Ände­run­gen des Gebiets­än­de­rungs­ver­tra­ges und auch kei­ne ent­spre­chen­den Beschlüs­se vor­ge­se­hen sei­en. Der Ver­trag habe sich geschicht­lich über­lebt und damit qua­si kei­ne recht­li­che Rele­vanz mehr. (Aus­zug aus dem Pro­to­koll Kreis­tags­sit­zung 15.12.15)


Wei­ter­füh­ren­de Quel­len:
Bür­ger­be­geh­ren in Nie­der­sach­sen
Pro­ble­me und Lösun­gen – Hin­der­nis Kos­ten­de­ckungs­vor­schlag


 

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