Aurich (okj) – Die Selbstrüge des Auricher Kreistages wegen Verletzungen des Amtsgeheimnisses im Zusammenhang mit der Ablehnung eines Bürgerbegehrens zum Thema Zentralklinik ist weiterhin Thema in Kreisen des Aktionsbündnisses Klinikerhalt.
Auf der öffentlichen Sitzung am 16. Juni hatte der Kreistag eine förmliche Missbilligung gegen Unbekannt verabschiedet. Im Internet wurde veröffentlicht, welche Abgeordneten im nicht öffentlich tagenden Kreisausschuss gegen ein Bürgerbegehren gestimmt hatten. (okj berichtete)
Die Kreistagsabgeordnete Gila Altmann (Grüne) erklärte damals vor dem Kreistag, die beabsichtigte Missbilligung müsse sich müsse sich immer auf das Handeln einer konkreten Person beziehen. In dem vorliegenden Fall werde jedoch ein ganzes Gremium, hier Kreistag, in Sippenhaft genommen. Das Wesen der Missbilligung verliere so seinen Zweck. Da das Thema öffentlich diskutiert werde, sei es zudem auch noch diskriminierend und stelle einen Verstoß gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht dar.
Eine kommunalrechtliche Einordnung des Vorgangs hat nun auch der Kommunalrechtler Prof. Dr. Thorsten Koch auf seinem Internet-Blog „Wir haben unsere Vorschriften…“ veröffentlicht. Seiner Einschätzung nach, habe die Befugnis des Kreistages gefehlt, das Verhalten einzelner Mitglieder des Kreistages oder des Hauptausschusses zu missbilligen.
Zwar habe das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht in einer „außerordentlich fragwürdigen Entscheidung aus dem Jahre 2012“ (Urteil vom 27.06.2012, 10 LC 37/10) entschieden, dass Ermahnungen, Rügen oder Missbilligungen in Rechte eines Mitgliedes der Vertretung, nicht derart eingreifend sind, dass es dafür einer ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage bedürfe. Dieses wurde jedoch auf den Fall beschränkt, dass derartiges nur als „Ermahnung“ gedacht und diese in nichtöffentlicher Sitzung zu behandeln.
Vor diesem Hintergrund sei das Verfahren, bei dem Landrat Harm-Uwe Weber (SPD) in einer Sitzung des Kreistag öffentliche die Missbilligung hat beschließen lassen, doppelt problematisch, so der Rechtswissenschaftler. Zum einen sei die Geheimhaltungsbedürftigkeit eines Abstimmungsergebnisses nach Maßgabe der erwähnten Entscheidung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts nur dann gegeben, wenn der Beratungsgegenstand in nichtöffentlicher Sitzung zu behandeln wäre (Rn. 49).
Zum anderen beziehe sich die Missbilligung nicht auf eine konkrete Person, sondern potentiell jeden, der bei der Sitzung des Kreisausschusses anwesend war. Auch wurde der Beschluss in öffentlicher Sitzung gefasst und in der Öffentlichkeit diskutiert.
Das gewählte Vorgehen sei daher von der (Fehl-)Entscheidung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts aus dem Jahre 2012 nicht einmal gedeckt.
Lesen Sie bitte den vollständigen Wortlaut bei
Hoch im Norden: Streit um ein Bürgerbegehren (09.10.2016)
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