okj-Kommentar
von Helmut Hagemeister
In die öffentliche Diskussion zur geplanten Schließung von drei Krankenhäuser in Ostfriesland hat sich Ende Februar nun auch der Marburger Bund Niedersachsen eingeschaltet. Diese Schließung zu Gunsten einer Zentralklinik in Georgsheil – ein Dorf, welches außerhalb der drei Mittelzentren Emden, Aurich und Norden liegt, sei zu begrüßen, so der Erste Vorsitzende des Marburger Bund Hans Martin Wollenberg. Die bestehenden Kliniken zu erhalten sei keine zielführende Alternative, so Wollenberg in einer Pressemitteilung vom 23. Februar 2017.
Gleichwohl betonte Wollenberg, dass auch der Marburger Bund in der Vergangenheit wiederholt darauf hingewiesen habe, dass man die Entwicklung der Krankenhausfinanzierung mit großer Sorge verfolge. Krankenhausträger seien insbesondere in ländlichen Regionen gezwungen, die wohnortnahe Patientenversorgung aufzugeben, um wirtschaftlich überleben zu können. Wollenberg: „Der grundsätzliche Druck des Refinanzierungssystems lässt wohnortnahe Kliniken finanziell ausbluten.“
Hinter der wolkigen Redeweise vom „Refinanzierungssystem“ steckt ein ziemlich heftiger Befund. Hier wird schließlich offen zugegeben, dass die gesundheitspolitischen Rahmenbedingen auf Landes- und Bundesebene wohnortnahe Kliniken nicht ausnahmsweise, sondern grundsätzlich in wirtschaftliche Existenzprobleme treiben.
Doch was folgt daraus ?
Den als Verursachern der Misere benannten gesundheitspolitischen Vorgaben wird nicht etwa Paroli geboten. Jedenfalls scheint es nicht Anliegen des Marburger Bundes zu sein, die festgestellten Auswirkungen für die wohnortnahe Patientenversorgung zu überprüfen und zu bewerten.
Im Gegenteil: Hans Martin Wollenberg erwähnt sie in gebotener Schärfe, um sich im gleichen Atemzug zu ihnen als “gegeben” zu bekennen. Er möchte sie als Sachzwänge verstanden wissen – und damit als Sachargument, welches die Schließung wohnortnaher Kliniken vor Ort zugunsten einer Zentralklinik „alternativlos“ macht. Wenn aber „die medizinische Versorgung in der Region“ allein dadurch zu sichern sein soll , dass die wohnortnahe Versorgung eingeschränkt wird, dann muss es ja wohl um etwas anderes gehen.
„Wir erwarten, dass der kommunale Träger das Unternehmen zukunftsfähig aufstellt“, so Wollenberg in der Pressemitteilung. Gelingt diese nicht, würde dies in absehbarer Zeit die Fusion unter der Regie eines privaten Trägers mit allen Nachteilen bedeuten. Eine Forderung an den kommunalen Träger mit seinem „Unternehmen Krankenhaus“ die im Sinne der wohnortnahen Gesundheitsversorgung bestimmt nicht zielführend ist . Eher sind hier Unternehmenskennzahlen zukunftsweisend, mit denen man unter dem „Refinanzierungssystem“ – ´also den gesundheitspolitischen Vorgaben – zu bestehen hat.
Erfolgsmaßstab Erlösrelevanz
Eine Rationalisierungsmaßnahme wie die Klinik-Zentralisierung hat als Erfolgsmaßstab die dauerhafte Senkung von Personalkosten im Auge, vorrangig in der Pflege und beim ärztlichem bzw. medizintechnischen Dienst. In diese Logik gehört auch die Neudefinition der „Leistungsspektren“ mit Blick auf „Erlösrelevanz“. Welche Leistungen auch immer ein Krankenhaus seinen Patienten anbietet: zuallererst müssen sie sich daran messen lassen, ob damit die Erlöslage der Klinik verbessert wird. Klemmt es dort, so kann eine heute modern ausgestattete Abteilung morgen schon als “marode” gelten.
Daraus ergibt sich auch der Rückzug der Krankenhäuser aus der sogenannten „ambulanten Notfallversorgung“. Hier herrscht eine seit Jahren herbeigeführte chronische Unterfinanzierung, an deren Ende die Krankenhäuser pro Fall deutlich höhere Kosten haben als sie von der Versicherungswirtschaft erstattet bekommen. Was dies an Arbeitsbedingungen der jetzigen und künftigen Klinikbelegschaft nach sich zieht – was dies dann auch für Patienten zur Folge hat, darüber lässt die Ärztegewerkschaft leider nichts verlauten.
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