Kommunale Überschuldung als Weg in die Privatisierung
Für einen Kaufpreis von einem Euro ging die noch nicht fertiggestellte Klinik Offenbach in den Besitz von Sana Kliniken AG über – auf den 200 Millionen Euro Schulden, bleibt die Kommune sitzen. „Es ist eine schmerzhafte Prodzedur für uns“, sagte Offenbachs Bürgermeister und Klinikdezernent Peter Schneider der ÄrzteZeitung. Unter anderem hatte sich die Stadt beo dem Kosten des Krankenhaus-Neubaus verschätzt. Auf das Beratungsunternehmen BDO ist man in Offenbach nicht gut zu sprechen.
Gleiches gilt auch in näherer Umgebung, nämlich für Delmenhorst. Auch dort beriet die BDO die Kommune nach bekannten Muster. Mittlerweile hat sich dort eine Bürgerinitiative „Rettet unsere Krankenhäuser“ gegründet, die ähnliche Entwicklungen wie in Offenbach und anderen Regionen stoppen will. Auch dort hat man das Wirken der BDO im Visier, denn schon an ihrem Firmensitz in Hamburg, war dieses Beratungsunternehmen bei der Privatisierung dortiger Krankenhäuser behilflich. Delmenhorst beschäftigte die BDO, wertete das erstellte Zahlenwerk der BDO aus und fand diverse Schwachstellen. Man entschloss sich zügig, sich von der BDO zu trennen – ebenfalls musste der Geschäftsführer von Delmenhorst gehen, der den Kontakt zur BDO aufgebaut hat.
Skeptisch ist auch die GFA-Kreistagsabgeordnete Sigrid Griesel. Die frühere Auricher Stadtkämmerin und Auricher Bürgermeisterin sieht Anbetracht überschuldeter Haushalte im Landkreis Aurich spätestens 2027 eine Diskussion über eine Privatisierung der neu errichteten Zentralklinik in Georgsheil. Dieser Prognose stimmte auch ihr Nachfolger im Amt, Bürgermeister Heinz-Werner Windhorst zu. Seiner Einschätzung nach, werde mit dem Zentraklinikbau einer „Privatisierung Tür und Tor“ geöffnet. Die Schuldenlast, die auf diesem Neubau liegen wird, werde die finanziellen Möglichkeiten der Kommune übersteigen. Die SPD-Fraktionsvorsitzende im Rat der Stadt Aurich vertrat in einem Interview mit Radio Ostfriesland die Auffassung, das für einen privaten Investor eine neue Zentralklinik natürlich attraktiver sei, als „drei alte Krankenhäuser“.
Marktwirtschaftliche Steuerungsmechanismen
Mittlerweile hat sich auch Niedersachsens Sozialministerin Cornelia Rundt (SPD) zu Wort gemeldet. In einer Rede vor dem Niedersächsischen Landtag am 18. März kritisierte die Ministerin, dass der Bundesgesetzgeber im Jahr 1993 sogenannte „marktwirtschaftliche Steuerungsmechanismen eingebracht“ habe. Rundt: „Seither schwappen regelmäßig Nachjustierungsnovellen über das Bundesrecht, ohne dass die Probleme geringer werden“.
„Krankenhäuser sind ein existenzieller Baustein der Daseinsvorsorge für die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes“, so die Ministerin weiter. „Krankenhäuser leisten eine Arbeit, ohne die eine moderne und humanitäre Gesellschaft nicht denkbar wäre. Krankenhäuser müssen in der Lage sein, ihren Auftrag in unserem Land wahrnehmen zu können. Es ist Aufgabe des Staates, dafür die Rahmenbedingungen zu schaffen“.
Allerdings – und das dürfte auch die Ministerin wissen, hat sich in den letzten Jahrzehnten allgemein eine wirtschaftstheoretische Annahme durchgesetzt, die der Auffassung ist, dass der Staat wirtschaftliche Entwicklungen eher behindert, statt sie zu fördern.
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