Ostfriesisches Klinik Journal

Für den Erhalt wohnortnaher Krankenhäuser

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Kommunale Überschuldung als Weg in die Privatisierung

Für einen Kauf­preis von einem Euro ging die noch nicht fer­tig­ge­stell­te Kli­nik Offen­bach in den Besitz von Sana Kli­ni­ken AG über – auf den 200 Mil­lio­nen Euro Schul­den, bleibt die Kom­mu­ne sit­zen. „Es ist eine schmerz­haf­te Prod­ze­dur für uns“, sag­te Offen­bachs Bür­ger­meis­ter und Kli­nik­de­zer­nent Peter Schnei­der der Ärz­te­Zei­tung. Unter ande­rem hat­te sich die Stadt beo dem Kos­ten des Kran­ken­haus-Neu­baus ver­schätzt. Auf das Bera­tungs­un­ter­neh­men BDO ist man in Offen­bach nicht gut zu spre­chen.

2014-02-09_0028Glei­ches gilt auch in nähe­rer Umge­bung, näm­lich für Del­men­horst. Auch dort beriet die BDO die Kom­mu­ne nach bekann­ten Mus­ter. Mitt­ler­wei­le hat sich dort eine Bür­ger­initia­ti­ve „Ret­tet unse­re Kran­ken­häu­ser“ gegrün­det, die ähn­li­che Ent­wick­lun­gen wie in Offen­bach und ande­ren Regio­nen stop­pen will. Auch dort hat man das Wir­ken der BDO im Visier, denn schon an ihrem Fir­men­sitz in Ham­burg, war die­ses Bera­tungs­un­ter­neh­men bei der Pri­va­ti­sie­rung dor­ti­ger Kran­ken­häu­ser behilf­lich. Del­men­horst beschäf­tig­te die BDO, wer­te­te das erstell­te Zah­len­werk der BDO aus und fand diver­se Schwach­stel­len. Man ent­schloss sich zügig, sich von der BDO zu tren­nen – eben­falls muss­te der Geschäfts­füh­rer von Del­men­horst gehen, der den Kon­takt zur BDO auf­ge­baut hat.

Skep­tisch ist auch die GFA-Kreis­tags­ab­ge­ord­ne­te Sig­rid Grie­sel. Die frü­he­re Auricher Stadt­käm­me­rin und Auricher Bür­ger­meis­te­rin sieht Anbe­tracht über­schul­de­ter Haus­hal­te im Land­kreis Aurich spä­tes­tens 2027 eine Dis­kus­si­on über eine Pri­va­ti­sie­rung der neu errich­te­ten Zen­tral­kli­nik in Georgs­heil. Die­ser Pro­gno­se stimm­te auch ihr Nach­fol­ger im Amt, Bür­ger­meis­ter Heinz-Wer­ner Wind­horst zu. Sei­ner Ein­schät­zung nach, wer­de mit dem Zen­t­ra­kli­nik­bau einer „Pri­va­ti­sie­rung Tür und Tor“ geöff­net. Die Schul­den­last, die auf die­sem Neu­bau lie­gen wird, wer­de die finan­zi­el­len Mög­lich­kei­ten der Kom­mu­ne über­stei­gen. Die SPD-Frak­ti­ons­vor­sit­zen­de im Rat der Stadt Aurich ver­trat in einem Inter­view mit Radio Ost­fries­land die Auf­fas­sung, das für einen pri­va­ten Inves­tor eine neue Zen­tral­kli­nik natür­lich attrak­ti­ver sei, als „drei alte Kran­ken­häu­ser“.

Marktwirtschaftliche Steuerungsmechanismen

Mitt­ler­wei­le hat sich auch Nie­der­sach­sens Sozi­al­mi­nis­te­rin Cor­ne­lia Rundt (SPD) zu Wort gemel­det. In einer Rede vor dem Nie­der­säch­si­schen Land­tag am 18. März kri­ti­sier­te die Minis­te­rin, dass der Bun­des­ge­setz­ge­ber im Jahr 1993 soge­nann­te „markt­wirt­schaft­li­che Steue­rungs­me­cha­nis­men ein­ge­bracht“ habe. Rundt: „Seit­her schwap­pen regel­mä­ßig Nach­jus­tie­rungs­no­vel­len über das Bun­des­recht, ohne dass die Pro­ble­me gerin­ger wer­den“.

Kran­ken­häu­ser sind ein exis­ten­zi­el­ler Bau­stein der Daseins­vor­sor­ge für die Bür­ge­rin­nen und Bür­ger die­ses Lan­des“, so die Minis­te­rin wei­ter. „Kran­ken­häu­ser leis­ten eine Arbeit, ohne die eine moder­ne und huma­ni­tä­re Gesell­schaft nicht denk­bar wäre. Kran­ken­häu­ser müs­sen in der Lage sein, ihren Auf­trag in unse­rem Land wahr­neh­men zu kön­nen. Es ist Auf­ga­be des Staa­tes, dafür die Rah­men­be­din­gun­gen zu schaf­fen“.

Aller­dings – und das dürf­te auch die Minis­te­rin wis­sen, hat sich in den letz­ten Jahr­zehn­ten all­ge­mein eine wirt­schafts­theo­re­ti­sche Annah­me durch­ge­setzt, die der Auf­fas­sung ist, dass der Staat wirt­schaft­li­che Ent­wick­lun­gen eher behin­dert, statt sie zu för­dern.

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